Gott, gedenke an deine Gemeinde, die du vorzeiten erworben und dir zum Erbteil erlöst hast. Psalm 72
Quelle: Herrenhuter Losungen für den 27. 06.
Ich finde "gedenken an" mindestens problematisch, weil es redundantes Pastorendeutsch ist. Es heißt "denken an" oder "gedenken seiner". Auch wenn der Genitiv von vielen totgeredet wird, in meinem Hirn ist er noch partiell verankert. Wass hat sich die Redaktion dabei gedacht? Wollte man ein bisschen Erhabenheit in den Text schmuggeln? Was hätte sie sich vergeben, wenn sie, um den "schwierigen" Genitiv - Es gilt, die Texte immer einfacher zu machen, wegen der Einwanderer - zu vermeiden, geschrieben hätte: Herr, denke an deine Gemeinde, die ... Ich finde den Text so verhunzt. Was aber ist nun, wenn die Neubürger gar nicht doof sind und den Genitiv verstehen?
Ja, es gab und gibt noch das Angedenken. Es stand früher hoch im Kurs. Ist aber inzwischen vom Gedenken abgelöst worden, sicherlich, weil es pleonastisch empfunden wird.
https://books.google.com/ngrams/graph?c ... en%3B%2Cc0
Es tritt nur noch in wenigen Verbindungen auf:
1. unselig 10.4 195
2. ehrend 10.2 53
3. selig 10.1 245
4. glorreich 5.0 5
5. bewahren 2.7 28
6. ewig 2.7 13
7. treu 2.4 6
8. sowjetisch 1.7 12
9. Vorgänger 1.3 5
10. Tote
Das Angedenken und Gedenken bringt Andachtstimmung mit sich und sind wasserdicht todbezogen. Und weil der Tod immer vergangenheitsbezogen ist, sind sie rein rückwärtsgewandt. Das Andenken hingegen, womit nicht die Tätigkeit, sondern hier das Souvenir gemeint ist, bringt diese Stimmung nicht mit sich, auch wohl, weil die meisten Andenken Urlaubsmitbringsel sind, die nicht den Tod einer Person erinnern. Gedenke des letzten Urlaubs würde keiner sagen. Der Gedanke und die Denke, womit Denkungsart gemeint ist, sind wenig speziell. Ob der Genitiv bei erinnern derselbe wie bei gedenken ist, und ob die beide aus dem Latein entlehnt sind, dazu müßte jemand von den Grammatikkundlern was sagen. Ich vermute es zumindest. Was für einen Grund sollte es sonst geben, hier den Genitiv einzuflechten?
Theol. Frage: Was ist da für ein Gott vorgestellt, den man ermahnen muß, an seinen Augapfel zu denken? Er muß ähnlich zerstreut sein, wie ich. Ist Gott vergesslich? Ja, wenn es um die Übertretungen seiner Gemeinde geht, wird immer gefordert: Sei vergesslich, vergiss es. Vergisst er dann die Übertretungen, vergisst er wohl auch die Gemeinde, und dann wird immer gejammert: Herr, gedenke Deiner Gemeinde. Dabei ist es die Gemeinde, die ihn vergisst, und dann Übertretungen begeht. Ein ewiger Kreislauf religiösen Gedenkens. Was mag Gott dazu sagen? Ich kann mir vorstellen: Ihr langweilt mich!