Ist es nicht angemessen, Religiöses durch die religiöse Brille zu betrachten?
die Götter als Akteure, die real existieren oder für real existierend gehalten wurden
Da ist der moderne Wirklichkeitsbegriff des experimentell Überprüfbaren auf die antike Religion übertragen, das sollte man nicht machen. Das mythologische Weltbild ist nicht so leicht auf eine Formel zu bringen; Kritik an naivem Götterglauben ist freilich uralt, schon bei Homer erscheinen die Götter teilweise als lächerlich, bei den Sophisten ist die aufklärerische Religionsktitik schon voll da: "Nachdem die Polizei nicht alles herausbekommt, hat ein Schlaukopf die Götter erfunden, die auch das Verborgene sehen" (Kritias).
Aufgrund des Befundes darf man die Lebendigkeit der antiken Religion nicht unterschätzen. Horaz sagt "Di me tuentur", und in dem Gedicht, in dem auch das "carpe diem" steht, sagt er zu seiner Freundin: Frage nicht, "quem mihi, quem tibi finem di dederint", wie er es meint, wissen wir nicht genau, aber rein als Jux hat er es nicht gesagt. Im 4. Jh., nach Konstantin, gab es einen Kaiser Julianus, "Apostata" von den Christen genannt, der sich vom Christentum abwandte und die alte Religion wiederherstellen wollte. Zu der Zeit gab es auch eine große Kontroverse in Rom, als die christlichen Senatoren versuchten, die Statue der Göttin Victoria vor dem Senatssitzungssaal entfernen zu lassen, der Streit hat sich auch in der Literatur niedergeschlagen.
Die Antike kannte eben außer der empirischen Welt noch "das Unsichtbare" sozusagen, und für ihr Verständnis ist zu empfehlen, sich dieses 2-Etagen-Weltbild vor Augen zu halten.
Ich betrachte es aus der soziologischen Brille
Gut, aber vllt. ebenso könnte man es aus der psychologischen oder der abstammungsgeschichtlichen Brille betrachten.
lgr. P.