Die Römer sind immer die Bösen.
An dieser gängigen Darstellung störe ich mich auch manchmal. Ohne verleugnen zu wollen, dass das imperium Romanum sehr viele Grausamkeiten mit sich brachte, darf man nicht vergessen, dass durchweg alle antiken Völker aus heutiger Sicht nicht weniger grausam waren, mit den Unterschied, dass Roms Machtressourcen beispiellos groß waren. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einem so großen Reich, mehr moralische Deliquenten zum Zug kommen, ist natürlich weitaus größer als in einem kleinen Stadtstaat. Denkt man an die völlig Zerstörung Korinths, Numantias oder Karthago durch die Römer, sollte man sich z.B. auch die Ermordung von 80.000 (!) zivilen Römern und Italikern durch Mithridates VI. Eupator vor Augen halten.
Wie die moralische Deliquenz der Römer mit der Größe Roms korreliert, wird besonders an den Vorgängen im Kolosseum deutlich. So groß das Kolosseum war [wenige modern Stadien können soviele Menschen beherbergen], so groß war auch die Zahl der dort grausam hingerichteten Menschen. Ich denke, die Römer waren ihrer eigenen Größe selbst nicht Herr, wie man am Niedergang der Republik sehen kann. Dadurch erklärt sich wohl auch die heutige, nicht unberechtigte Aversion gegenüber "Imperien", die bei der häufig negativen Darstellung der Römer in den Medien auch eine große Rolle spielen dürfte. Für das dabei entstandene, Klischee besetzte Römerbild tragen nicht zuletzt die "Medienmacher" bei, indem moderne politische Aufassungen in die mediale Darstellung der Römer - bewusst oder unbewusst - Einzug finden.
A & O sollte man mit Humor nehmen, auch wenn es bei vielen wohl nicht minder zum Geschichtsbild beiträgt als der Monumentalfilm. Meinem älteren Bruder musste ich mal erklären, dass die Römer eigentlich nicht gegen die Gallier "verloren" haben.
Hier noch ein Auszug aus einer Rezension zu M. Junkelmanns, Hollywoods Traum von Rom. "Gladiator" und die Tradition des Monumentalfilmes, Mainz 2004.
Der Visualisierung der Größe Roms ist das folgende Kapitel gewidmet (271-303). Junkelmann kann hier zeigen, wie nicht durch die präzise Rekonstruktion, sondern durch Monumentalisierung der Eindruck von Größe vermittelt wird. Auch geht er der Bedeutung faschistischer Ästhetik für die Bildkomposition in "Gladiator" nach. Dem folgen Überlegungen zur Funktion der Römer im Film und der Antikfilmen inhärenten Aktualisierung des gezeigten Stoffes, das heißt der Übersetzung des Plots in die Zeit des Rezipienten (305-347). Es wird deutlich, wie in Hollywoodproduktionen der 50er-Jahre das kaiserzeitliche Rom als Chiffre für faschistische oder kommunistische Systeme Verwendung fand, während es in "Fall of the Roman Empire" als Analogie zur USA und der von ihr betriebenen Außenpolitik wurde. Das Buch endet mit einer Analyse der Sterbeszenen in "Gladiator" (349-360). Eine Filmografie und ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden den Band ab."
http://www.sehepunkte.de/2004/09/5783.html
"Der Mensch ist das Maß aller Dinge: für die seienden, dass sie sind, für die nicht seienden, dass sie nicht sind." (Protagoras)