von Prudentius » Mi 20. Nov 2019, 10:41
Mir kommen noch Nachgedanken, ist es nicht seltsam, die Hauptbegriffe sind Moralbegriffe, corruptela, audacia, lubido, und dabei geht es um eine rein politische Angelegenheit, Umsturzversuch, Versuch Catilinas, die Macht an sich zu reißen; warum wechselt Cicero von der politischen auf die Moralebene?
Darin liegt etwas typisch Römisches, ihr erinnert euch, bei Sallust ist auch der politische Verfall durch den "Sittenverfall" bedingt.
Zu dem Thema gab es eine interessante Diskussion, 1921 hielt Richard Heinze, einer der Größen der Berliner Altphilologie, einen Vortrag "Von den Ursachen der Größe Roms" mit der These, das Machtstreben der Römer sei die Ursache gewesen; Heinze war von Nostalgie ergriffen, bedenkt die Zeit, nach 1918 mit dem verlorenen Krieg und Versailles, die Dolchstoßlegende war verbreitet ("Im Felde unbesiegt ...").
Darauf antwortete später Franz Altheim in einem gleichlautend titulierten Aufsatz, ganz im Gegenteil sei die moralische Haltung der Römer die Ursache gewesen, das res-publica-Bewusstsein, das Achten auf die Führung durch die Götter (re-ligio gegenüber neglegere); "imperium sine fine dedi" aus dem Munde Juppiters sei nicht im Sinne des modernen Imperialismus zu verstehen, sondern imperium bedeute Amtsvollmacht innerhalb eines Rechtssystems. Die Bevollmächtigung Roms durch die Gottheit sei mehr als poetische Fiktion.