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Beitragvon consus » Mo 26. Mär 2007, 12:03

Tefflich gesagt, Molly! Man lese z. B. die Rede in L. Calpurnium Pisonem. Hier bloß der Anfang:

Iamne vides, belua, iamne sentis quae sit hominum querela frontis tuae? Nemo queritur Syrum nescio quem de grege noviciorum factum esse consulem. Non enim nos color iste servilis, non pilosae genae, non dentes putridi deceperunt; oculi, supercilia, frons, voltus denique totus, qui sermo quidam tacitus mentis est, hic in fraudem homines impulit, hic eos quibus erat ignotus decepit, fefellit, induxit. Pauci ista tua lutulenta vitia noramus, pauci tarditatem ingeni, stuporem debilitatemque linguae.


(Hervorhebung von mir.)

:book:
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Beitragvon Cellus » Di 27. Mär 2007, 14:30

consus hat geschrieben:Mit allem einverstanden, Celle optime, nur nicht mit dem Wörtchen "trotzdem".

Das "trotzdem" lasse ich stehen, aber ich formuliere es mal anders, ohne die Bedeutung seiner Prosaschriften schmälern zu wollen:

Ciceros rhetorischen Fähigkeiten, die er vor allem durch Übung perfektioniert hat - er war wohl anfangs nicht viel talentierter als andere gute Redner - wirkten sich auch indirekt auf sein Gesamtwerk aus.

Cicero war für mich zunächst vorrangig Redner und Politiker, später erst ein Philosoph, wenn er auch schon in "De inventione" selbst sagt, ein guter Redner muss auch Philosoph sein, was aber gewiss nicht heißen muss, dass er Rhetorik immer schon mit der "eigenen" Philosophie verknüpft hat, geschweige denn schon Philosoph genannt werden kann.

Seine Prosaschriften profitieren also ungemein von seinen rhetorischen Fähigkeiten, z.b. in Form des ausgeprägten Periodenbaus, in Form des Stils und überhaupt in Form der didaktisch geschickten Darstellung seiner Anschauungen. Die Inhalte seiner Prosawerke - besonders die philosophischen - sind ja bekanntlich nicht neu, wenn gleich seine ekklektische Zusammenführung der Anschauungen anderer trotzdem sehr bewundernswert ist. Auch seine wenigen Versuche in der Poesie kann man, wenn überhaupt, nicht in gleicher Weise würdigen wie seine rhetorischen Fähigkeiten.

Qua re censeo, dass Cicero ohne seine rhetorischen Fähigkeiten nicht zu dem geworden wäre, was er damals in erster Linie war und heute noch ist: Ein Meister der Rede und der lateinischen Sprache.
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Beitragvon consus » Di 27. Mär 2007, 16:51

Einen Unterschied, optime Celle, zwischen unseren Auffassungen vermag ich nicht zu erkennen; denn zur der von mir genannten vorbildlichen Prosa ("pro[r]sa oratio") gehören neben den rhetorischen und philosophischen Schriften, aber auch neben dem Corpus der Briefe, ganz besonders die Reden.
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Beitragvon Cellus » Di 27. Mär 2007, 19:10

Dann sag mir, optime conse, was du an meinem geliebten "trotzdem" auszusetzen hattest ! :|
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Beitragvon consus » Di 27. Mär 2007, 22:53

Consus Cello s.p.d.
Ich sprach von Ciceros exzellenter Prosa und bezog mich dabei, wenn auch nicht expressis verbis, auf alle seine opera, die zu dieser Kategorie gehören. Dann las ich: "Ich würde trotzdem sagen, dass seine Reden ihn am meisten auszeichnen". Nun gut, jetzt glaube ich zu verstehen, dass mit dieser Äußerung offensichtlich die Vorrangstellung der orationes innerhalb der Prosawerke verdeutlicht werden sollte: eine Einschätzung, für die manches spricht.
Optime vale.
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Beitragvon barbara » Di 27. Mär 2007, 23:38

@conse: ja, an prosa hab ich noch nicht so viel gelesen, muss ich ehrlich sagen (abgesehen von den philosophischen texten).
--> kommt noch, kommt noch.... :-D

@auricom:
ja, auricom, er ist unter anderem für seine meiner meinung nach brillianten reden "populär", von denen man sich rhetorisch schon ein dickes stück abschneiden kann.
"nett" finde ich sie deswegen, da ich oft schon beim übersetzen über diverse verbale direkt-angriffe seinerseits lachen muss. da hat ein gegner einfach keine chance....
aber was die qualität der texte anbelangt, ist "nett" wohl doch etwas untertrieben.
wenn du dem guten mann so kritisch gegenüberstehst dann übersetz doch einfach mal was von ihm. dann kannst du es selbst beurteilen.

lg
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Beitragvon Molly » Mi 28. Mär 2007, 12:37

@Barbara: mir blieb beim Cicerolesen das Lachen auch schon mal im Halse stecken. Da geht doch einiges unter die Gürtellinie.
per aspera ad astra
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Beitragvon auricom » Mi 4. Apr 2007, 00:47

@barbara ganz im gegenteil, ich hab schon den Eindruck, dass er verdient so "populär" ist, wenngleich ich auch froh bin nichts von ihm übersetzen zu müssen ;) Mich interessiert vielmehr, warum sich eigentlich seine Reden bzw. philosophischen Werke so von denen seiner Zeitgenossen abheben. Gibt es irgendwelche speziellen Stilmittel die er eingeführt oder perfektioniert hat?
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Beitragvon barbara » Mi 4. Apr 2007, 13:42

naja, also ciceros reden weisen wahrscheinlich so ziemlich alle stilmittel auf, die die lateinische sprache so beherbergt....zumindest kann ich mich noch gut an drei a4-zettel zu lernender stilmittel erinnern - in alphabetischer reihenfolge geordnet und mit beispielen aus cicero-werken versehen :wink:
nein, ob er irgendwelche eingeführt hat, das weiß ich nicht...
tatsache ist einfach, dass er ein meiner ansicht nach genialer rhetoriker war und seiner populariät zur folge bin ich nicht die einzige, die so darüber denkt...
aber vl wissen da die spezialisten mehr??

optime vale.

ps: was das übersetzen betrifft: würd ich dir sehr empfehlen...da verpasst du sonst wirklich was...
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