Wieder mal ein blöder Kommentar gegen Latein.

Für alle Fragen rund um Latein in der Schule und im Alltag

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Beitragvon Eteokles76 » Fr 30. Mär 2007, 15:04

Französisch ist hinter Latein zurückgefallen.


:cry:

Naja, dafür ist es auch noch leichter hier die Analogien zwischen Spanisch und Latein aufzuzeigen. Es wäre ja schon fast grob fahrlässig dies nicht zu tun *g*
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Beitragvon kaIanus » So 15. Apr 2007, 17:21

"Man sollte endlich Ernst machen mit der Erkenntnis, dass bei dem raschen Wandel unseres Berufslebens die Schule nicht Berufsvorbereitung sein kann.[...] Auf das Arbeit- und Denkenlernen, aufs Können und die Entwicklung von Fähigkeit kommt es an, [...] [auf] die Möglichkeit des Transfers, der Übertragung der beim Lateinlernen errungenen Fähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Kombinationsfähigkeit, Präzision, logisches Denken, Gedächtnisschulung, Ausbildung des Sensoriums für Klang, Rythmus und Form."[...]

aus Karl Büchners Vortrag "Tradition und Zukunftschancen lateinischer Bildung" anlässlich der Tagung "Römische Welt und Lateinische Sprache" 1973 in Freiburg (Podcast-Link: www.ub.uni-freiburg.de/casts/reden.xml)

Karl Büchners Thesen sind plausibel, wenn man Pisa in Betracht zieht. Wenn wir über Latein diskutieren, so meine ich, diskutieren wir über den Sinn der Bildung. Halten wir ein colloquium über den Nutzen von Latein, so müssen wir uns fragen, welchen Nutzen wir von der Schulbildung haben wollen.
Ein Beispiel bei mir im Saarland: Die GOS und Gymnasialreform wurde eingeführt, um mehr Allgemeinbildung zu vermitteln. Das betrifft das Kurssystem der Oberstufe, deren Wählbarkeit der Fächer nun erheblich eingeschränkt wurde. Vielmehr beschränkt sich das Leistungskurssystem auf drei Fächer: Mathematik, Deutsch und eine Fremdsprache.
Diesem Ansatz würde Karl Büchner zustimmen, weil es auf Gymnasialbildung als Fundus aller zukünftigen Studienfächer zurückgreift. Genau das ist auch meine Meinung. Wir müssen Latein nicht flüssig sprechen oder uns damit ein Kaffee bestellen können. Eher sind die Nebeneffekte, die Erkenntnisse aus den Lektüren, die Methodik der Textanalyse, die Kombinationsanforderungen im Latein, das Konzentrationstraining, das Aufschlüsseln der eigenen Sprache usw. viel,viel maxime wichtiger. Es sind Grundwerkzeuge, die auf alle Fachbereiche übertragbar sind.

Betrachten wir also die Praktikabilität von Latein in der Schule und verurteilen den fehlenden "humankapitalen" Nutzen in ihr, verurteilen wir gleichzeitig die Kulturbildung und Erziehung, die die Schule auch bereitstellen soll und ignorieren den immensen Nutzen des Lateins, das die lateinische Sprache nicht allein "Sprechen" bedeutet.

"So umfasst Latein das Höchste, was Sprache sein kann."
- Karl Büchner
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Beitragvon Eteokles76 » Mo 16. Apr 2007, 19:00

Wir müssen Latein nicht flüssig sprechen oder uns damit ein Kaffee bestellen können


Natürlich MUSS man Latein nicht flüssig sprechen oder sich einen Kaffe bestellen können. Man muss ja nicht gleich ins andere Extrem verfallen. Es geht darum, dass man als Lateinschüler auch ein Gefühl für die Sprache entwickelt und das geht nur schlecht, wenn immer nur stur in eine Richtung (Latein->Deutsch) gepaukt wird. Ist ja auch kein Wunder, denn das Sprachzentrum im Hirn arbeitet immer interaktiv aktiv/passiv. Schon die Muttersprache lernt man ja, indem man sie hört und dann wiedergibt und sich nicht ausschließlich berieseln lässt. Außerdem sollte man auch mal den Spaßfaktor berücksichtigen, denn mit ein wenig mehr aktivem Einsatz könnte man die Lateinschüler sicher mehr motivieren. Die geschichtlichen Hintergrundinformationen werden ja beim Lesen und übersetzen der Texte sowieso vermittelt. Und zu Büchners Vorschlag: Als zukünftiger Philologe würde es mir widerstreben, Mathematik als Leistungskurs nehmen zu müssen, ebenso wie es einem Mathematiker widerstrebt, eine Sprache zu nehmen. Das ist doch keine optimale Vorbereitung auf das später Studium, eher das Gegenteil.

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Beitragvon Apollonios » Mo 16. Apr 2007, 19:22

Meine Eltern haben ihr Abitur noch nach der alten Prüfungsordnung gemacht - d.h. sie wurden in allen Fächern geprüft, nicht nur Leistungskurs und Wahlfach. Das hatte zur Folge, daß das Abitur zwar ziemlich lange dauerte und sehr anstrengend war, aber dafür eine größere Möglichkeit bestand, schlechte Noten auszugleichen. Heute gibt es diese Möglichkeit nicht und auch nur wenig Möglichkeiten der Fächerkombination.
Auch wenn ich bei der derzeitigen Prüfungsordnung freudig auf das Leistungsfach Mathe verzichtet habe: Mathematik hat einen schlechten Ruf, weil sie meist sehr schlecht unterrichtet wird. Eine der Philosophie sehr nahe Geisteswissenschaft muß kein schlechter Start für Philologen sein! Aber - hm, der Mathematiker und Philosoph Georg Christoph Lichtenberg hats auch schon gewußt: "Die Mathematik ist eine gar herrliche Wissenschaft, aber die Mathematiker taugen oft den Henker nicht."
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Beitragvon Iulus » Mo 16. Apr 2007, 20:35

:lol: Ja,den Eindruck habe ich auch...Auf Mathe verzichten?Kann ich nicht!Auch,wenn ich's gern würde...



PS: Die Mathematik eine Geisteswissenschaft?Seit wann das?
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Beitragvon Apollonios » Mo 16. Apr 2007, 21:04

Mathematik war schon immer eine Geisteswissenschaft. Auch wenn sie von den meisten Leuten für eine Naturwissenschaft gehalten wird - sogar von manchen Mathelehrern... :cry:
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Beitragvon Eteokles76 » Mo 16. Apr 2007, 22:58

Mit Natur hats ja auch eher wenig zu tun, mit Geist aber schon :D

Trotzdem zählt es ja auch auf den Schulen immer zum "naturwissenschaftlichen Zweig".
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Beitragvon Iulus » Di 17. Apr 2007, 14:12

Bzw.zum technischen Bereich,was in meinen Augen auch zutreffend ist.
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Beitragvon kaIanus » Di 17. Apr 2007, 18:42

@Eteokles: Diskutieren wir über das, was man wissen soll oder über das, was man wissen kann?

mfG
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Beitragvon Medus » Di 17. Apr 2007, 20:28

Apollonios hat geschrieben:Mathematik hat einen schlechten Ruf, weil sie meist sehr schlecht unterrichtet wird.


Hm, dann scheint meine Schule Glück zu haben - alle Mathelehrer bisher hervorragend, vor allem mein Jetziger.

Eteokles76 hat geschrieben:Trotzdem zählt es ja auch auf den Schulen immer zum "naturwissenschaftlichen Zweig"


Bei uns zum naturwissenschaftlich-mathematischem Zweig. :)

Iulus hat geschrieben:Bzw.zum technischen Bereich,was in meinen Augen auch zutreffend ist.


Wieso? Reine Mathematik hat absolut nichts mit technischen Fächern zu tun, ist also eine Geisteswissenschaft. Als Hilfswissenschaft wird sie jedoch in fast allen Naturwissenschaften verwendet.
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Beitragvon kaIanus » Di 17. Apr 2007, 21:21

Wieso? Reine Mathematik hat absolut nichts mit technischen Fächern zu tun

So denke ich auch. Die "Technisierung" von Mathematik würde sie einschränken, und zwar nur auf die mathematischen Themen, die anwendbar sind.

So trete ich mal eine Stufe zurück im Themenkomplex: Wofür wollen wir Bildung? Ich meine, wenn wir diese Frage ausführlich für uns beantwortet haben, finden wir auch eine Lösung für das Lateinproblem; und nicht nur für das, wie man es an "Mathematik" und "Technik" sieht...

mfG [/i]
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Beitragvon barbara » Di 17. Apr 2007, 21:58

Vielmehr beschränkt sich das Leistungskurssystem auf drei Fächer: Mathematik, Deutsch und eine Fremdsprache.

ich meine, ich kenne dieses leistungskurssystem nicht, aber ich finde ganz und gar nicht, dass eine beschränkung auf drei fächer das richtige ist. schließlich ist gerade ein gymnasium (!!) eine ahs, eine allgemein bildende höhere schule! ein ALLGEMEIN bildende...das heißt, man beschränkt sich nicht auf irgendetwas, wie in etwa eine wirtschaftl. schule oder eine technische, sondern man versucht eine möglichst weit gefächerte bildung zu erlangen.
ich finde es falsch zu sagen, dass eine ahs die aufgabe hat aufs studium vorzubereiten. wenn ich mich im kommenden jahr zb. dazu entschließe spanisch zu studieren, hätten mir die letzen 4 jahre gar nichts gebracht und mich nicht im geringsten auf dieses studium vorbereitet, da mir dieses fach nicht einmal angeboten wurde.
und was dinge wie "erziehung zur selbständigkeit und verantwortung" betrifft, was ja auch in "vorbereitung für das künftige leben" fällt, kann ich nur sagen: dass ich nicht lache! das ist eine einzige ausrede für schlechte unterrichtsmethoden.
"in der oberstufe ist es nicht nötig, dinge zu erklären. die schüler sollten inzwischen selbstständig genug sein, um sich diese dinge selbst zu erarbeiten...'" usw. usw.
aber sie rennen uns wegen jeder nicht gebrachten entschuldigung, wegen jeder hausübung, ja wegen jedes nicht unterstrichenen ergebnisses monatelang hinterher. als wenn das jemand später auf der uni kümmern würde.
in diesem sinne ist eine ahs also keine vorbereitung aufs studium und im sinne des lernstoffes sollte sie es nicht sein.

bildung erlangen muss nicht immer praktischen nutzen haben. zumindest ist das mir kein anliegen, denn vieles, was ich später vl mal im beruf brauchen würde, lerne ich erst im studium oder durch gewisse erfahrung, aber sowieso nicht in der schule. und ich bin außerdem auch froh, über dinge bescheid zu wissen, die ich vl nie wieder richtig "brauchen" werde.
ich bilde mich weiter, um, wie es so schön heißt, meinen persönlichen horizont zu erweitern, um ahnung von den geschehnissen auf dieser welt zu haben.
ich bilde mich für mich weiter und nicht für meinen zukünftigen beruf.

lg
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Beitragvon Simme » Di 17. Apr 2007, 22:36

Mathematik soll eine Geisteswissenschaft sein???
Das ist eine interessante These, die ich jedoch bezweifle. Bisher habe ich sie immer für eine Naturwissenschaft gehalten. Wahrscheinlich ist sie weder Natur noch Geisteswissenschaft, sondern ein dritter Bereich.
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Beitragvon barbara » Mi 18. Apr 2007, 13:46

http://www.mathematik.uni-bielefeld.de/~philfahr/download/FESBeitragForum905.pdf

Lediglich ein Auszug:
Fälschlicherweise wird allgemein die Mathematik als eine Naturwissenschaft angesehen.
Dies mag f¨ur manche Teile der Mathematik gelten, insbesondere - und daher der Name
- f¨ur die angewandte Mathematik (und was ist davon eigentlich schon theoretische Physik?).
Ein Mathematiker w¨urde sagen, die Mathematik ist sicher keine Naturwissenschaft.
Denn, was ist Naturwissenschaft? Auch hier sagt der Name sehr viel: Es ist die Wissenschaft der Natur.
[...]
Der Mathematiker macht keine Beobachtungen in der Natur. Er ist also kein
Naturwissenschaftler und die Mathematik somit keine Naturwissenschaft. Die Objekte
der Mathematik sind ideeller Natur. Es handelt sich dabei nicht um Abstraktionen wahrnehmbarer
Objekte der Welt.
[...]


also auch ich finde keine definition der mathematik, die sie als naturwissenschaft beschreibt, allerdings auch keine, die sie als geisteswissenschaft bezeichnet. sie scheint viel mehr keines von beiden zu sein, denn immer wieder bekommt man zu lesen "naturwissenschaften, mathematik, geisteswissenschaften,...." usw.
....
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