Interpretationshilfe

Für alle Fragen rund um Latein in der Schule und im Alltag

Moderatoren: Zythophilus, marcus03, Tiberis, ille ego qui, consus, e-latein: Team

Interpretationshilfe

Beitragvon LostTears » Di 20. Mär 2007, 16:49

Hallo!

Leider war ich mir nicht sicher wo ich diese Frage hinstellen soll, und versuche es mal hier!
Für folgenden Text muss ich eine Interpretation abliefern, und die Frage dazu lautet: Wie werden die Personen durch Nepos dargestellt? Werden sie gewertet?


Durch Zufall kam es dazu, dass Gesandte des Königs Prusias in Rom beim
ehemaligen Konsul Titus Quincius Flamininus speisten, dort über Hannibal
eine Erwähnung gemacht wurde und einer von ihnen sagte, dass er im Reich
des Prusias sei. Am nächsten Tag trug Flaminius dies dem Senat vor. Die
Senatoren, die glaubten, solange Hannibal lebe, würden sie niemals ohne
Angst vor Tücken sein, schickten Gesandte nach Bithyniam, unter ihnen
Flaminius, die vom König verlangen sollten, das er nicht ihren grössten
Feind mit sich haben und ihn ihnen ausliefern solle. Ihnen zu widersprechen
wagte Prusias nicht, aber er machte nichts, was gegen das Gastrecht sei;
Wenn sie wollten, sollten die Männer ihn selbst ergreifen! Er sagte, sie würden
den Platz leicht finden, wo jener sei. Hannibal hielt sich nämlich an einem Ort
auf, in dem Schloss, das ihm vom König zum Geschenk gemacht worden war und
das so gebaut war, dass es an allen Seiten des Gebäudes Ausgänge gab, weil er
fürchtete, das sich ereignen würde, was in der Tat geschah. Als Gesandte der Römer
dorthin gekommen und sein Haus mit einer Menge umstellt hatten, sagte ein vom
Tor herabschauender Junge Hannibal, dass aussergewöhnlich viele Bewaffnete
erschienen. Dieser befahl ihm, um alle Ausgänge herumzugehen und ihm eilig
zu berichten ob er auf dieselbe Weise auf allen Seiten belagert werde. Nachdem der
Knabe schnell berichtet hatte, was los war, und gemeldet hatte das alle Ausgänge
besetzt seien, bemerkte Hannibal dass das nicht zufällig geschehe sondern das man ihn
angreife und er an seinem Leben nicht länger festhalten könne. Damit er es aber nicht
nach fremdem Urteil verliere, nahm er in Erinnerung an seine frühere Tapferkeit Gift,
das er immer bei sich hatte.


Interpretation:
Flaminius wird als Verräter Hannibals dargestellt, da er ihn beim Senat verraten hatte. Prusius wird als zurückhaltender Mensch dargestellt, vielleicht auch ängstlich Hannibal selbst zu ergreifen.
Hannibal erkennt seine aussichtslose Lage, und da niemand anderer als er selbst über sein Leben bestimmen darf, beging er Selbstmord.

Ob die Personen gewertet werden oder nicht konnte ich nicht herauslesen, vielleicht kann mir da jemand helfen.
LostTears
Civis
 
Beiträge: 11
Registriert: Fr 10. Nov 2006, 22:23

Beitragvon Apollonios » Di 20. Mär 2007, 17:19

Die Personen werden alle mit größter Sachlichkeit dargestellt. Ich würde nicht einmal das Wort "Verräter" im Zusammenhang mit Flaminius gebrauchen, da es so einen wertenden (vielmehr abwertenden) Charakter hat. Nepos sagt doch eigentlich nur: dieser und jener hat dies und jenes getan - und ich lese zwischen den Zeilen (was natürlich meine ganz subjektive Meinung ist), daß jeder so gehandelt hat, wie er eben unter den obwaltenden Umständen handeln mußte.
וָאֹמַר מִי־יִתֶּן־לִּי אֵבֶר כַּיּוֹנָה אָעוּפָה וְאֶשְׁכֹּנָה ׃
et dixi quis dabit mihi pinnas columbae ut volem et requiescam
ps. 55,7
Benutzeravatar
Apollonios
Dictator
 
Beiträge: 1395
Registriert: Mi 28. Feb 2007, 18:34
Wohnort: Berolinum

Beitragvon LostTears » Di 20. Mär 2007, 19:43

Dankesehr! Das hat mir schon sehr geholfen.
LostTears
Civis
 
Beiträge: 11
Registriert: Fr 10. Nov 2006, 22:23

Beitragvon Tiberis » Di 20. Mär 2007, 22:47

ich meine auch, dass Nepos- zumindest bewußt - keine bewertung der handelnden personen vornimmt.
dennoch werden diese im text ganz gut charakterisiert:
Flamininus: als ehem. konsul (und senator) angehöriger der röm. nobilität, also der führungsschicht, handelt er naturgemäß im interesse des staates. in diesem sinne wäre er vielmehr dann ein verräter, wenn er den aufenthaltsort Hannibals nicht melden würde. ist teil jener gesandtschaft, die von Prusias die auslieferung Hannibals fordert.
Prusias: schwach, aber schlau. weiß, dass es nicht opportun wäre, sich dem druck der Römer zu widersetzen, seinen militärberater Hannibal auszuliefern. bewahrt zwar den anschein von anständigkeit, indem er sich
unter berufung auf das völkerrecht (> ius hospitii) weigert, Hannibal persönlich bzw. durch eigene soldaten den Römern auszuliefern, gibt aber augenzwinkernd diesen zu verstehen, wo sie sich ihn schnappen können.
Hannibal:
stets vorsichtig, mißtrauisch, rechnet nie mit fremder hilfe, daher auch in dieser situation nicht überrascht. trägt für alle eventualitäten immer gift bei sich. bleibt auch angesichts seiner chancenlosigkeit sich selbst treu.
ego sum medio quem flumine cernis,
stringentem ripas et pinguia culta secantem,
caeruleus Thybris, caelo gratissimus amnis
Benutzeravatar
Tiberis
Pater patriae
 
Beiträge: 11878
Registriert: Mi 25. Dez 2002, 20:03
Wohnort: Styria


Zurück zu Lateinforum



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 56 Gäste