Liebe Freunde des Altertums,
in Ciceros Laelius de amicitia bin ich in §20 auf eine Konstruktion gestoßen, die mich verwundert hat. Laelius stellt gerade eine Definition der Freundschaft auf und schließt:
Est enim amicitia nihil aliud nisi omnium divinarum humanarumque rerum cum benevolentia et caritate consensio;
(Mein Übersetzungsvorschlag:) Die Freundschaft ist nämlich nichts anderes als die Übereinstimmung aller göttlichen und menschlichen Dinge mit dem Wohlwollen und der Liebe;
qua quidem haud scio an excepta sapientia nihil melius homini sit a dis immortalibus datum.
(Direkt übersetzt:) Ich weiß nicht, ob - mit Ausnahme der Weisheit - dem Menschen etwas besser als sie (qua quidem -> als die Freundschaft) von den Göttern gegeben wurde.
Gemeint ist natürlich: Mit Ausnahme der Weisheit wurde dem Menschen nichts besseres als die Freundschaft von den Göttern geschenkt.
Ich störe mich an dem haud scio an ... nihil -- das wirkt auf mich wie eine doppelte Verneinung. Ich selber hätte eher etwas erwartet wie haud scio an quicquam homini datum sit
Meine Fragen:
- Wie ist diese doppelte Verneinung zu erklären? Muss man sich "haud scio an" weniger als wörtlich zu nehmende Einleitung einer indirekten Frage als vielmehr als eine Art erstarrte Phrase vorstellen, die eigentlich so viel heißt wie "fortasse" und auch damit ersetzt werden könnte?
- Ist diese Konstruktion (doppelte Verneinung mit haud scio an) so üblich? Finden sich dafür noch andere Stellen?
RHH führt die Konstruktion unter (aus dem Gedächtnis glaube ich) §133, 3 auf, macht aber keine näheren Angaben im Hinblick auf meine Frage