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"Wenn man die Wortspiel-Interpretation vertritt, so ist jedenfalls bemerkenswert, dass Horaz zumindest nichts tut, um der sehr großen Gefahr des Missverstehens - was dann tatsächlich auf eine Spitze gegen Maecenas hinauslaufen könnte oder müsste - vorzubeugen. Es ist aber ohnehin durchaus denkbar, dass Horaz an allen Stellen mit 'ingenuus' zumindest auch 'freigeboren' meint, nämlich wenn man die Prämisse akzeptiert, dass Maecenas' Toleranz sich ebenfalls nur in gewissen Grenzen bewegen konnte, ohne die gesellschaftliche Toleranz gegenüber s e i n e r Toleranz zu sehr zu überspannen. Ja, der Dichter muss vielleicht gar 'dum ingenuus' hinzufügen, damit gerade auch vor dem Hintergrund des Vaterlobes am Ende des Gedichts Maecenas nicht als untolerierbar tolerant erschien. Horaz steht in der Mitte. Zu ihm kann Maecenas' Toleranz noch hinab. Das Lob des Vaters besteht dann darin, dass dieser das Höchste, was er erreichen konnte, geschafft und getan hat: Zwar hätte er sich - so sind nun einmal die Verhältnisse, die denn auch der freigeistigste Römer nicht mehr in Frage stellt - nicht wie Horaz selbst einem Mann wie Maecenas empfehlen können, aber er hat Horaz zu einem Menschen gemacht, der nicht nur durch den Status des Freigeborenen (notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung), sondern durch einen edlen Charakter zu einem Menschen wie Maecenas (der so tolerant ist, wie er gerade noch sein darf) emporfliegen konnte."
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