Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäsar

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Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäsar

Beitragvon mystica » Do 6. Jun 2024, 10:14

Prof. Dr. Michael Sommer beantwortet die interessantesten Fragen rund um das Attentat auf Julius Cäsar. Aber nicht nur das. Wer war Cäsar, wie wuchs er auf und wie wurde er zu einem der mächtigsten Römer der Geschichte? Cäsar ist eine Figur bei der es sich lohnt genauer nachzufragen.

Herr Sommer lehrt als Professor für Alte Geschichte an der Carl von Ossietzky Universität zu Oldenburg.

https://www.youtube.com/watch?v=yl56d5Gslmg
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon Sapientius » Fr 7. Jun 2024, 17:51

Man kann etwas über römische Religion daraus ablesen, "Cave idus Martias" hatte ihm der Seher prophezeit, die Frau warnte ihn wegen eines schlimmen Traums, aber Caesar setzte sich darüber hinweg, und so traf ihn das Verhängnis; die Römer lebten in dem Bewusstsein, dass die Götter eine Lenkungsfunktion ausübten und die Menschen sich danach richten sollten; Vogelschau entschied zwischen Romulus und Remus, es gab den augur, die richtige Einstellung dazu nannte man religio, von re-ligere, Gegensatz zu neg-legere.

Der Stern von Bethlehem gehört auch dazu; Die Christenverfolgung geschah nicht wegen des Glaubens an die Gottessohnschaft Jesu, sondern weil die Christen das Weihrauchopfer vor den Staatsgöttern verweigerten, also wegen religio.
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon ille ego qui » So 14. Jul 2024, 22:40

Ich kannte bisher die Volks(?)etymologie mit “religare” (Rückbindung).

:-)
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon Sapientius » Sa 27. Jul 2024, 09:04

Ich bin darauf gekommen durch Franz Altheim, "Römische Religionsgeschichte", sehr lesenswert, habe ihn noch selbst gehört. Aber die Etymologie von religio schwimmt wohl etwas, die Christen, Augustinus und Ambrosius haben die Bindung zu religare gesehen, Cicero wohl zu re-ligere wie di-ligere ...

Altheim antwortete in einer Diskussion vor 100 Jahren, als die d. Gelehrten unter dem Zusammenbruch des Reiches in ihrer Seele litten, auf einen Vortrag von Richard Heinze, einem damals prominenten Philologen, "Von den Ursachen der Größe Roms", und er sah die Ursache in dem Machtsteben der Römer; Heinze berief sich auf Eduard Spranger, "Lebensformen", darin teilte er die Menschheit in Charaktertypen ein, darunter der Machtmensch; und Heinze erklärte so den Aufstieg der Römer durch ihr angeborenes Machtstreben.
Altheim stellte sich dem entgegen und wies auf das religiös-politische Denken der Römer hin, auf das Bewusstsein der Berufung durch die göttlichen Mächte; wir kennen es ja: "Tu regere imperio populos Romane memento ...", mit langem Nachleben; "Sedan: Welch eine Wendung durch Gottes Führung", und "Rule, Britain, rule"...
Marce, erkennst du hier Leerformeln?
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon marcus03 » So 28. Jul 2024, 12:41

Sapientius hat geschrieben:Marce, erkennst du hier Leerformeln?

Sapientius hat geschrieben: auf das Bewusstsein der Berufung durch die göttlichen Mächte;

Was sollen das für Mächte sein? Wer hat sie erfunden bzw. woher stammen sie?
Sie sind wohl raffinierte interessen-geleitete Konstrukte oder Interpretationen (Machterhalt, Identität, Sanktionierungsinstanz).

Sapientius hat geschrieben: Welch eine Wendung durch Gottes Führung"

Was soll das sein? Wie führt Gott? Wo, wann? Woran erkenne ich das? Kriterien?
Die Berufung auf Gott ist immer problematisch und abhängig vom jeweiligen Gotteskonzept,
das wiederum auf menschliche Gedankenkonstrukten beruht, die werte-und interessengeleitet sind und v.a. der Letztbegründung dienen, wenn kein Vernunftargument mehr zieht oder ziehen darf.

Sapientius hat geschrieben: Heinze berief sich auf Eduard Spranger, "Lebensformen",

Ein sehr schwammiger Begriff ohne nähere Konkretisierungen.

Sapientius hat geschrieben:darunter der Machtmensch;

Heute sagt man Alpha-Tier dazu, ein Produkt der Evolution, wie alle menschlichen Gesellschaften und
deren Verhaltensweisen auch.
Man frage Evolutionsbiologen, - psychologen, -theologen oder Anthropologen.
Auch dazu gibt es sehr gute Dokus auf ZDFinfo und anderswo. ("Lady sapiens" u.v.m.)
Sicher muss man heute vieles anders sehen und bewerten in der röm. Religionsgschichte vor diesem Hintergrund. Doch dafür weiß ich zu wenig, kann mir aber manches gut zusammenreimen, wenn
man die zeitlosen Grundkonstanten der natura humana dazu heranzieht.
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon Sapientius » Mo 29. Jul 2024, 09:26

Welch eine Wendung durch Gottes Führung


Marce, du erklärst zu wenig; wenn du sagst, dass das interessengeleitete Leerformeln sind, dann steht noch die Frage im Raum: warum sind manche solche Formeln geschichtsmächtig, und manche nicht?
Warum ist Rom zur Weltmacht geworden, und nicht die Griechen, Etrusker, Gallier, Ägypter, ...?
Hat der Machttrieb die Römer nach oben gebracht, oder ihr Bewusstsein von göttlicher Führung?

Die Aufschrift da oben stand auf dem Brandenburger Tor, als die siegreichen Truppen 1870 heimmarschierten.
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Re: Althistoriker M. Sommer über das Attentat auf Julius Cäs

Beitragvon ille ego qui » Mi 9. Okt 2024, 17:26

Warum ist Rom zur Weltmacht geworden, und nicht die Griechen, Etrusker, Gallier, Ägypter, ...?
Hat der Machttrieb die Römer nach oben gebracht, oder ihr Bewusstsein von göttlicher Führung?


Ich bin kein Geschichtsphilosoph, fand aber letzthin den Gedanken aus einem kurzen YouTube Video von Yuval Noah Harari (das ich leider nicht wieder finde) ganz klug und witzig:

Vielleicht (wahrscheinlich??) war die Wahrscheinlichkeit, dass das Christentum nach einem oder zwei Jahrtausenden (sprich heute) in Europa die stärkste Religion sein würde, nach Jesu Tod gar nicht so hoch, vielleicht 5 %. D.h.: Könnte man beliebig oft um ca. 35 n.Chr. die Play-Taste drücken und danach die Geschichte jeweils 2000 Jahre laufen lassen, dann würde man nur bei 1 von 20 Durchläufen bei dem Christentum als einer "europäischen Weltreligion" herauskommen. In den anderen 19 Durchläufen sähe die Situation heute vollständig anders aus.

Klar, dieses zugespitzte Statement kann man nach Herzenslust auf den verschiedensten Ebenen problematisieren. Aber der Gedanke, dass im Verlauf der Geschichte sehr viel - im physikalischen Sinne - "Chaotisches" mitspielt und dass eben in der Geschichte auch die unwahrscheinlichen Dinge eintreten können und dies gemäß den Gesetzen der Stochastik immer wieder tun, den sollte man nicht ganz vergessen. Es ist wahrscheinlich ein Trugschluss, dass z.B. eine Religion oder eine Macht, die größer wurde als andere, ihrem "Wesen" nach a priori dazu bestimmt gewesen sei, alle anderen zu überflügeln - gut möglich, dass es für eine der anderen eigentlich "wahrscheinlicher" gewesen wäre.

Verwandtes Konzept:
https://de.wikipedia.org/wiki/Survivorship_Bias

:-D
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