Salvete omnes,
verzeih mir Tiberis, dass ich auf den letzten Beitrag des Odinus noch einmal reagieren muss.
Also Odinus:
Odinus Thorus hat geschrieben:Ist uns Nachkriegskindern, ich weiss ja nicht, welcher Jahrgang Du bist, nicht von Kindheit an der das Hohle/Nichtige des "Heldentums" in Literatur und Kunst vor Augen geführt worden, besonders dasjenige, derer, die nur benutzt werden, und cerebral so arm sind, diese Benutzung nicht einmal zu erkennen.
Das ist ein Satz, an dem man, wenn man es nicht wüsste, erkennen kann, wo Du sozialisiert worden bist. Besonders der letzte Teil, dem ich mich energisch entgegenstelle.
Beim aktuellen Krieg handelt es sich um einen sinnlosen Angriffs-und Vernichtungskrieg, begonnen und getragen von einer Handvoll Altstalinisten. Nach dem 2. WK haben die Westallierten im Westteil Deutschlands ein Entnazifizierungsprogramm durchgeführt, das zwar nicht zu Ende geführt wurde, weil sie erkennen mussten, dass Stalin und sein Sowjetimperialismus Westeuropa bedrohten. Aber verschiedene Nachkriegsgenerationen haben die Entnazifizierung ja dann weitergeführt, z.T. mit mörderischer Rücksichtslosigkeit, siehe R.A.F. Das ging soweit, dass sich Westdeutsche kaum trauten, in ihrem Schrebergarten eine deutsche Fahne zu hissen. Einer meiner Kunden pflegt jeweils zu sagen, "ja Frau Doktor, die Deutschen haben halt Angst vor sich selber". Er hat nicht ganz Unrecht.
Aber nach dem Tod von Stalin gab es im Osten kein Entstalinisierungsprogramm. Chrutschow hat zwar ein paar Gulags aufgelöst, die politischen Gefangenen entlassen und auch posthum von Stalin ermordete Bürger rehabilitiert - ja und dann hatte es sich. Die Kader, die nicht mit ihm einverstanden waren, haben sich geduckt und abgewartet - auch Chrutschow würde ja irgendeinmal sterben.
Odinus Thorus hat geschrieben:Du verlangst Parteinahme
Nein, ich verlange das nicht, aber Du tust es ständig, verklausuliert zwar, aber immer wieder.
Odinus Thorus hat geschrieben:Ich weiss noch nicht, wer diese Seite ist - und solange das so ist, bleibe ich neutral.
Du bist nicht neutral - ich übrigens auch nicht (entscheidend ist, dass meine Regierung neutral bleibt und das tut sie bis jetzt auch: Sie weigert sich, Munition für den Marder zu liefern und sie hat auch keine russischen Diplomaten ausgewiesen)
Odinus Thorus hat geschrieben: Amerika, oder Eurasien
.
Mit dem Wort "Eurasien" in dem Zusammenhang schlägst Du erstens Europa bereits den Russen zu und zweitens, nimmst Du die Haltung des russischen "Think Tanks" ein, der ja da die Vorherrschaft anstrebt.
Als Putin gesagt hat, der Zusammenbruch der Sowjetunion sei die grösste geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen, da hatte er recht: Wäre sie nicht zusammengebrochen, wäre die Ukraine, nebst allen anderen Warschaupaktstaaten ein Vasallenstaat der Sowjets und wir im Westen müssten nur alle fünf bis zehn Jahre ein paar Tausend geflüchtete Osteuropäer aufnehmen, weil die Sowjets Versuche dieser Staaten, den Kommunismus erfolgreicher oder menschlicher zu machen, mit Panzern niedergewalzt haben würden. Niemandem im Westen, ausser einem paar Verrückten, wäre es in den Sinn gekommen, die Wehrpflicht auszusetzen und den Verteidigungsetat herunterzusetzen.
Aber wahrscheinlich hätten die Sowjets doch eines Tages Westeuropa angegriffen, rein aus
wirtschaftlichen Gründen: Mit Fünfjahresplänen und dauersubventionierten Lebenshaltungskosten kann man wahrscheinlich wirtschaftlich nicht erfolgreich sein (bin keine Wirtschaftswissenschaftlerin).
Niemand hat die Russen gezwungen, diesen Krieg zu beginnen. Auch ohne vorgeschaltete Vasallenstaaten ist Russland immer noch der grösste Flächenstaat der Erde. Hätte Putin all das Geld, das er in den vergangenen zwanzig Jahren den Oligarchen hat zufliessen lassen und jetzt in Form von Raketen und Marschflugkörpern verpulvert, um explizit nichtmilitärische Ziele anzugreifen, zum Aufbau einer anständigen Wirtschaft verwendet, ginge es der Bevölkerung dieses Landes recht gut. Und hätte er die Opposition nicht unterdrückt und vernichten lassen, noch besser.
Demokratie ist halt etwas Langsames, Mühsames, aber es ist das denkbar beste Modell um, wie Du es formulierst, "die Menge der Menschen etwas menschlicher zu machen".
So, lieber Tiberis, das wär's dann.
Valete
Veterinaria