Versengeln

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Versengeln

Beitragvon sinemetu » Mi 24. Jun 2020, 06:25

Im DWDS Artikel zu Ferse, fand ich in der Etymologie das Wort (alte Form): versengelt für Fersengeld.
Bei uns heißt versengelt = verdroschen. "Uwe hat Peter versengelt" Es ist aber selten. Dementsprechend sagt man zu Schacht/Dresche auch Senge. Er hat Senge gekriegt. Einen bedeutungsmäßigen Übergang zu sengen, versengt (Angebrannt) finde ich nicht. Auch Grimm kennt meine Bedeutung nicht.
http://woerterbuchnetz.de/DWB/call_wbgu ... id=GV04058
Kennt Ihr in Süddeutschland das Wort?

Mundmische kennt das Wort in meinem Sinn:
https://www.mundmische.de/bedeutung/18767-Senge

Laut DWDS sind Senge (Prügel) und Senge (Brand) dasselbe Wort:
https://www.dwds.de/wb/Senge
Da wird wohl das TC die Tatsache abgeben, daß ein versengelter Arsch ganz schön brennt, genauso wie ein versengter.
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Re: Versengeln

Beitragvon marcus03 » Mi 24. Jun 2020, 06:42

sinemetu hat geschrieben:Kennt Ihr in Süddeutschland das Wort?

Noch nie gehört. Wir dengeln zwar, aber sengeln nicht.

vgl:
https://www.dwds.de/wb/dwb/sengeln
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Re: Versengeln

Beitragvon sinemetu » Mi 24. Jun 2020, 08:08

marcus03 hat geschrieben:vgl:
https://www.dwds.de/wb/dwb/sengeln

doch mitt' in der dampfenden puszta, o graus,
steht hell in flammen ein einzelnes haus,
und aus dem sengelnden schilfe
rufts markerschütternd um hilfe.


interessant, besonders das lat. ustulare. Mir bisher unbekannt. Daher wahrscheinlich ung. üst - der Topf, der eine Nummer größer als der Bogracs --> Gulyas. Zaicz Gabor schreibt dazu (ung. Etymologie. WB) "Ismeretlen eredetü", was unbekannten Ursprungs bedeutet. Aber gibt es ustulare überhaupt im Latein?

https://www.latein-deutsch-woerterbuch. ... ulare.html
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Re: Versengeln

Beitragvon sinemetu » Mi 24. Jun 2020, 08:19

Zu ist ist dann Füst, der Rauch gebildet. Geräuchert heißt Füstölt. Bitte beachten: Aussprache Füscht! Ung. s = dt. sch!
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Re: Versengeln

Beitragvon marcus03 » Mi 24. Jun 2020, 08:45

ūstulo (ūstilo), āvī, ātum, āre (Demin. v. ūro), I) ein wenig brennen, -anbrennen, sengen

ūro, ūssī, ūstum, ere (statt *euso, vgl. altind. óšati, brennt, ušţa-ḥ, gebrannt = lat. ustus, griech. εὕω, ich senge, Aor. εύσαι),

Also nix mit Topf!

Es gibt auch Verbaldeminutive, wie man sieht. :D
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Re: Versengeln

Beitragvon sinemetu » Mi 24. Jun 2020, 08:58

marcus03 hat geschrieben:Also nix mit Topf!


Natürlich, was mit Topf. Topf ist mehrfach bezogen auf brennen. Neben dem Sammelzweck, ist der Erwärmzweck der 2. Gebrauch des Topfes, also, warum es einen Topf gibt. Außerdem entstehen irdene direkt und eiserne sowie eherne Töpfe indirekt durch Brand.

im Übrigen ist üst im ung. ein isolierter Stamm, der bisher keine Derivate abgesondert hat - ein weiteres Indiz, daß es sich um ein jüngst (1395) hereingetragenes Wort handelt. Vllt. ein lat. ustulus, ital. ustulo ist der Hintergrund?

der Stamm ust* (ustulare) mag die s-Version (Rhotazismus) zu r-Version urere (Urna) sein. Mit Vorschlag-P "purum" aurum - lauteres (gebranntes=geschmolzenes) Gold. C-usta -> Costa, die Küste, dort wo die "Brandung" zu sehen ist. Man stelle sich kochendes Wasser im Topf vor. Im Protolatein stelle ich auch rus, rusticus und rura hierher, weil alle Landwirtschaft mit der Brandrodung beginnt. Dies ist ein so elementarer Vorgang, der auch die Hautfarbe der dort arbeitenden (rußig) beeinflusste, daß wir Kunstdungabhängigen uns das heute nicht mehr vorstellen können. Kein Acker ohne Brand. Auch hier wird deutlich, daß der ursprüngliche Altar der Acker ist, der gepflügt, arare wird, was auch nur eine Version von urere zu sein scheint. Die Dinge sind bezogen.

Auch unser Stopfen ist direkt bezogen auf Topf, indem dieser als Loch aufgefasst wird, das es zu füllen gilt.
Stopp und Stöpsel gehören auch hierher. Der Stöpsel stoppt den Wasserfluss aus dem Topf. Enten, Gänse und Löcher werden gestopft. Wenn sie vollgestoppt sind, hört man auf und stoppt das Ganze. Hier changiert die Idee des Anfüllens in die des Beendens.
Zuletzt geändert von sinemetu am Mi 24. Jun 2020, 09:27, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Versengeln

Beitragvon marcus03 » Mi 24. Jun 2020, 09:10

Topf
anders als andere Koch– und Küchengeräte (z. B. → Becken und → Schüssel) ist das Wort Topf germ.
Ursprungs und wahrscheinlich im Sinne von „trichterförmige Vertiefung“ mit → tief verwandt; gegenüber den noch heute regional verbreiteten Varianten Dippen, Düppen, Döppen usw. setzte erst Luther die heutige Wortform schriftsprachlich durch


töpfern = Vertiefung erzeugen
Das anschließende Brennen ist sekundär.
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Re: Versengeln

Beitragvon sinemetu » Mi 24. Jun 2020, 09:13

Ich hoffe Marcus, da kannst Bezogenheit von rhizolog. Derivation unterscheiden. Bezogenheiten machen sich aber mit der Zeit rhizolog. bemerkbar, indem einfach der andere Sinn mit einem geeigneten TC übertragen wird. z. B. baut der Töpfer Öfen, Brennöfen.
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Re: Versengeln

Beitragvon medicus » Mi 24. Jun 2020, 09:38

sinemetu hat geschrieben: z. B. baut der Töpfer Öfen, Brennöfen.

Ich denke, dass der Ofensetzer diese Öfen baut, und der Töpfer darin die Töpfe brennt.
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