Dies Saturni und Planetenwoche

[Brakbekl]

Lese gerade Holford-Strevens "Kleine Geschichte der Zeitrechnung." Dort, s. S. 97, fand ich Erstaunliches zur Planetenwoche, die hier im deutschsprachigen Raum allgemein erst mit dem 2. Jahrh. nach im RR datiert wird:

"Die planetarische Woche verbreitetete sich .... Rom, wo sie erstmals unter der Herrschaft des Augustus urkundlich aufscheint: Der Dichter Tibull spricht vom heiligen Tag des Saturn ...."

ebenso gegoogelt "Dies saturnis Tibull" erscheint:
Zitat:

"Die Wochentagsgötter werden zuerst bei Tibull 1,3,18 genannt."

Anmerkung 112 in:
Quelle: http://books.google.de/books?id=GsHx6dr ... &q&f=false

Sieht man bei Tibull nach, steht dort allein: "Saturni sacram me tenuisse diem." Zwar werden weiter Isis, die Penaten und eine Dea genannt, aber das sind keine Hinweise auf die Planetengötter und von den anderen planetarischen Göttern ist dort nichts zu finden.

http://www.gottwein.de/Lat/tib/tib103.php

Es ist nur von Saturn die Rede. Sollte Röpke und Stuckradt, Holford-Strevens nicht im Text nachgesehen haben? Einer schreibt vom andern ab! Ich kann im ganzen Text nichts von einer Planetenwoche entdecken.

Frage: Meint Tibull nicht einfach den 17. Dezember, der 1. Tag der normalen Saturnalia?

[Zythophilus]

Saturni dies scheint an der genannten Stelle schon ein relativ oft wiederkehrender Tag zu sein. Man kann hier schon eine Planetenwoche postulieren, aber ein eindeutiger Beweis ist die Stelle alleine noch nicht. Andere Tagesnamen werden auf keinen Fall, wie es die Sekundärliteratur vermuten lässt, genannt.

[Brakbekl]

ein regelmäßige siebentägige Feier zu Ehren Saturnus ????

[romane]

ich weiß aus einem Tibullkommentar, dass Tibull der 1. nicht astrologisch gebildeter Schrifsteller zum 1. Mal die 7-Tagewoche erwähnt.

Die Entschuldigung am 'dies Saturni' keine Reise anzutreten erinnert an den jüd. Sabbath. - ist hier als Entschuldigung recht lächerlich; aber Tibull war ja nicht ganz humorlos

[Brakbekl]

ich weiß aus einem Tibullkommentar, dass Tibull der 1. nicht astrologisch gebildeter Schrifsteller zum 1. Mal die 7-Tagewoche erwähnt.

Wäre es nicht zu erwarten, daß die Ersterwähnung der 7-Tage Woche von einem astrologisch beleckten Schriftsteller getätigt wird, nach der Annahme, daß neues Wissen zuerst bei Fachleuten zu finden ist.

[romane]

Tibull nicht der 1., der die 7-T-W. erwähnt, sondern der erste Nichtastrologe

[Brakbekl]

Aber er erwähnt sie ja gar nicht ... er erwähnt eine "sacra dies saturni".

Jacob Gimm, Deutsche Mythologie:

Von Aegypten her durch die Alexandriner kam siebentägige Woche und planetarische Benennung der Wochentage bei den Römern auf, unter Jul. Caesar, älteste Erwähnung des dies Saturni, in Verbindung mit dem jüdischen Sabbat, bei Tibull 1, 3, 18.

Auch vom jüdischen Sabbat lese ich nichts in der Stelle.

Man sollte ein Buch schreiben: "Phantasie und Interpretation"

[Zythophilus]

Tibull erwähnt schon eine dies Saturni, die mit gewissem Aberglauben verbunden ist. Das konnte ein Römer durchaus mit dem Judentum verbinden. Die Saturnalien können es nicht sein, also muss diese dies Saturni in einem anderen Rhythmus kommen, wobei sich natürlich der in dieser Zeit aufkommende Wochenrhythmus anbietet.
Mich würde interessieren, ab wann diese Siebentagewoche verbindlich wurde und ob das in Schriften noch mehr Widerhall findet. Unter Konstantin wurde der Sonntag mit einem generellen Arbeitsverbot belegt, aber das ist natürlich lang nach Tibull.

[romane]

Auch vom jüdischen Sabbat lese ich nichts in der Stelle.

ich sprach davon, dass die Tibullstelle daran erinnert - am Sabbath verbot sich jede Reise

[Zythophilus]

Tibull erwähnt ja verschiedene abergläubische Praktiken, die mit dem Reisen zu tun haben. Juden galten den Alten eben als Musterbeispiel von Aberglauben, und ein durchschnittlicher Römer konnte von deren Sabbatruhe durchaus gehört haben.

[Brakbekl]

Tibull erwähnt ja verschiedene abergläubische Praktiken, die mit dem Reisen zu tun haben. Juden galten den Alten eben als Musterbeispiel von Aberglauben, und ein durchschnittlicher Römer konnte von deren Sabbatruhe durchaus gehört haben.

Romanes Humordiagnose und Deine Meinung von der Kenntnis jüdischer Religion als Superstitio sprechen dann aber nicht für die Planetenwoche. Dazu hätt er dann eindeutig vom sich in siebentägigem Rhythmus widerholenden Dies Jovis sprechen müssen. Die Tatsache, daß wir heute über gewisse neu auftretende Steinzeitsitten (Tätowieren etwa, Blutrache, Verschlierung des Gesichtes etc.) witzeln, soweit man darüber noch lachen kann und darf - beweist zumindest ein Auftauchen eines neuen, so bisher nicht dagewesenen Phänomens.

Da man heute allgemein davon ausgeht, daß unsere Woche aus zwei Quellen sich speist, 1- der planetarischen - babylonisch-griechischen (persisch-miträischen??) Hebdomane und 2. der jüdischen Sabbathfrequenz. Wir wissen doch gar nicht, wenn dem denn so ist, wann diese beiden zusammengeflossen sind, und ob sie deckungsgleich waren. Für die Sabbathfrequenz gibt es übrigens einen Sitz im Leben der deren Konstanz garantiert - eben die Einhaltung des Sabbaths, für die planetarische Hebdomane sehe ich diesen nicht, es sei denn bei den Mithrasleuten, aber das ist eh spät.

Man mag diese Tibullstelle als Vermutung dafür bestehen lassen. Vielleicht kommen ja noch Funde.

[oropax]

ich stell mir grade die steinzeitmänner mit fellen verschleiert vor

die steinzeit, die immerhin 97% der ganzen menschheitsgeschichte ausmacht, war durchwegs matriarchal organisiert. also nichthierarchisch. insofern ist blutrache zu dieser zeit im bereich des unmöglichen.

lg

oropax

zum matriarchat: nachzulesen bei göttner-abendrot

[Brakbekl]

Oropax - wie alt bist Du?

[Zythophilus]

Welche Beweise gibt es für eine matriarchialisch organisierte Kultur, die in der ganzen Steinzeit vorgeherrscht hätte?
Man kann ruhig davon ausgehen, dass ein gebildeter Römer von dem jüdischen Sabbatsbrauch wusste. Gerade die Namen der Tage der Planetenwoche sind natürlich nicht jüdischen Ursprungs, sodass das Aufkommen der 7-Tages-Woche in Rom ganz deutlich nicht als Einfluss des Judentums gesehen werden kann. Auch das Christentum kann zur Zeit Tibulls noch nicht dafür verantwortlich sein, doch passt sein Rhythmus mit dem Sonntag sehr gut zu dem sich etablierenden Wochenrhythmus. Die heidnischen Namen bleiben, nur der dies solis wird meist zum dies Domini.