Konkretheit

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Konkretheit

Beitragvon Brakbekl » Fr 28. Jan 2011, 11:03

Hallo,

hat eigentlich schon jemand drüber nachgedacht, Wörter nach ihrer "Konkretheit" zu klassifizieren? Was ist Konkretheit?

Also, ich denke, daß z. B. "Hand" konkreter als "Vernunft" ist. Je früher ein Begriff in einer Sprache auftaucht, wenn wir davon ausgehen, daß sich Sprachen aus primitiven Kommunikationsformen heraus entwickelt haben (Was nicht notwendigerweise so gewesen sein muß.), desto konkreter sind die Worte. Der Begriff der Hand wird also vermutlich vor dem der Vernunft auftauchen. Wir gehen davon aus, daß mit der Fassung eines Begriffs, auch das dazugehörige, diesen ausdrückende Wort erscheint. Konkretheit ist quasi negative Abstraktion. Kann man sowas messen?

Danke für die Ideen
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Re: Konkretheit

Beitragvon Laptop » Fr 28. Jan 2011, 12:09

Bestrebungen in diese Richtung findet man in der Wortfeldforschung, z. B. beim alten Dornseiff „Der Deutsche Wortschatz nach Sachgruppen“, in dessen Vorwort er ausgiebig (ich glaube 60 Seiten lang) über Möglichkeiten und Schwierigkeiten spricht den Wortschatz einzuteilen, bzw. zu kategorisieren nach allerlei Aspekten und Schlüsseln. Es lohnt sich seinen Schlüssel in Augenschein zu nehmen, wobei er dabei das Rad nicht neu erfunden hat, sondern nur bestehende Schlüssel verfeinert hat. Pate stand vor allem Roget’s Kategorisierung, die man auch gemeinfrei online abrufen kann. Im Grunde hat fast jede Sachgruppe ein mehr oder weniger fixes Maß an „Konkretheit“: so könnte man z. B. sagen die Sachgruppe „Immobilien“ habe eine Konkretheit von 10 (auf einer Skale von 1 „sehr konkret“ bis 100 „sehr abstrakt“), „mentale Zustände und Begriffe“ vielleicht 80. D.h. man kann diese Sachgruppen für dein Vorhaben nutzen. Problem ist, daß viele abstrakte Begriffe durch Übertragung entstanden sind, d. h. als Zusatzbedeutungen auf Wörter für konkrete Dinge gleichsam aufgepropft sind. kaum ein abstrakter Begriff kann sich autonom entwickeln ohne auf irgendetwas Konkretem oder Bildlichem als Gedankenstütze aufzubauen. Man kann deshalb schlecht die Wörter trennen, man müßte vielmehr die einzelnen Bedeutungen nach Konkretheit trennen, was schon wesentlich schwieriger ist. Du könntest vielleicht schreiben, wie du dir das ganze vorgestellt hast, anhand von Beispielen am besten.
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Re: Konkretheit

Beitragvon Brakbekl » Fr 28. Jan 2011, 13:01

Danke Laptop,

Abstrakta sind notwendigerweise weniger konkret als Konkreta. Ich werde mir dies mal anschauen. Dornseiff ist aber schon lange tot. Vielen Dank für den Tip.

Interessant, daß die Sprache ja selber Abstraktion ist, und daß diese Abstraktion das Werkzeug ist, welches zuerst sich selber anfängt zu untersuchen. Grammatik als der Anfang der Wissenschaft. Da sage jemand, die Sprache lebe nicht. Eventuell gibt es gar nicht verschiedene Sprachen, sondern nur ein Tier namens Sprache.

Also, die Tatsache, daß der Mensch sich Problem ist, wird durch die Sprache vorweggenommen, die in der Sprachwissenschaft sich selbst zum Problem wird. Aber das ist Philosophie.
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