Genitiv im Deutschen

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Genitiv im Deutschen

Beitragvon Trajan » Do 18. Feb 2010, 18:43

Salvete!

Ich weiß oft nicht, ob ich im Deutschen den Genitiv oder die Präposition "von" verwenden soll. Gibt´s da Regeln?

Valete!
Alea iacta est.
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Quintus » Fr 19. Feb 2010, 20:03

Hallo Trajan,

vergleiche dazu den Grammatik-Duden, Paragraph 1534:

Genitiv-Regel:
Eine Nominalphrase kann nur dann im Genitiv stehen, wenn sie
1) mindestens ein adjektivisch flektiertes Wort und
2) mindestens ein Wort mit s- oder r-Endung enthält.

Wenn diese Regel nicht eingehalten werden kann, ist eine konkurrierende Konstruktion zu wählen.
Beispiel:
a: So etwas sieht man nur innerhalb Städte.
b: So etwas sieht man nur innerhalb von Städten.

Satz a erfüllt die Genitiv-Regel nicht, daher ist die Umschreibung mit 'von' notwendig.

Aber es kann auch dort zu konkurrierenden Konstruktionen kommen, wo die obige Genitivregel eigentlich erfüllt werden kann:

c: So etwas sieht man nur innerhalb größerer Städte.
d: So etwas sieht man nur innerhalb von größeren Städten.

Es gibt außerdem noch andere Ersatzkonstruktionen für Genitivphrasen, vgl. Grammatik-Duden §1536

Du siehst: 'von' ist teilweise notwendig (wenn die Genitivregel nicht erfüllt ist), manchmal kann man zwischen 'von' und Genitiv wählen, wobei ich persönlich den Genitiv bevorzugen würde.

Viele Grüße,
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon romane » Fr 19. Feb 2010, 20:47

tandem domus patris aedificata est

1. endlich ist das Haus des Vaters gebaut worden

2. (mit Genitiv-VON) endlich ist das vom Vater gebaut worden
-----------
:pillepalle:
Die Freiheit ist ein seltsames Wesen - wenn man es gefangen hat, ist es verschwunden

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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Quintus » Sa 20. Feb 2010, 17:24

Hallo,

romane hat geschrieben:tandem domus patris aedificata est

1. endlich ist das Haus des Vaters gebaut worden

2. (mit Genitiv-VON) endlich ist das vom Vater gebaut worden


Hier ist nach der Genitiv-Regel nur der Genitiv richtig, da die Nominalphrase ein Wort mit s-Endung (des Vaters) enthält. Das gilt heute jedoch vor allem für die Schriftsprache.
Dialektal mag das anders sein: Vor allem im süddeutschen Raum, ist es nach Teuber (2000:171) eine Tatsache, dass es in der gesprochenen Sprache den Genitiv gar nicht gibt. Boretzky (1977: 160) führt für die heutigen Dialekte folgendes Deklinationsmuster an: der Wagen, vom Wagen, dem Wagen, den Wagen. Damit bringt er zum Ausdruck, dass im attributiven Bereich die 'von-Phrase' den Genitiv verdrängt hat.

Viele Grüße,
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Willimox » So 28. Feb 2010, 14:38

Zwei kleinere Anmerkungen:

a) Der Duden-§ enthält eine Kann-Formulierung. Also lassen sich Genitivkonstruktionen in den meisten Syntagmen auch durch von-Konstruktionen präsentieren.

b) Der Artikel und seine Positionierung hat einen erheblichen Einfluss auf die Verständlichkeit.

So etwas sieht man nur innerhalb der Städte.
//
So etwas sieht man nur innerhalb von Städten .


Oder geht es hier um Normen im Zusammenhang mit dem bloßen 'Genitiv?

Marginal:

"Das Haus vom Vater ist endlich erbaut worden"
mag holpriges Deutsch sein, aber es vermeidet die syntaktische Polysmie in
"Endlich ist das Haus vom Vater erbaut worden".
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon medicus » Sa 8. Jan 2011, 18:54

Ich möchte die Diskussion aufgreifen, da ich Probleme habe im Nachhilfeuntrricht für die Latein-Unterstufe den Schülern den deutschen Genitiv zu erklären, damit sie den lateinischen Genitiv verstehen. Ich habe mal gelernt, dass man nach dem Genitiv "wessen" fragt. Da aber kaum ein Schüler sagt:"Das Haus meines Vaters", wird er fragen :von wem?" und kommt auf den Dativ. Wie kann ich den Schülern, den Sachverhalt erklären, ohne den Autor des Buches zu zitieren "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod"?
danke für Tipps
:help:
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Willimox » So 9. Jan 2011, 11:24

Hi, medice,

man muss wahrscheinlich - gegen allen Purismus - akzeptieren,
dass der Genitiv im Deutschen durch "von-Phrasen" Konkurrenz erhält,
erhebliche Konkurrenz

Das bedeutet pragmatisch für die Nachhilfe:
Genitiv im Lateinischen durch "wessen/von wem" erfragen lassen.
Dabei parallel markieren, dass der Dativ auf eine "nackte Frage" ("wem") antwortet.
So kann man "wem" und "von wem" abgrenzen.

Konsequenz: Der lateinische Ablativ sollte mit den Fragen "womit, wodurch, wo, wann"
korreliert werden. Man achte dabei darauf, den Täter-Ablativ (mit a/ab) als eigene Wendung
zu installieren.

Kleines Schmankerl: Man lasse eine deutsche Wendung "abfragen".

Cäsars Überschreiten des Rubikons

Mal gucken, was der zunächst, dann vielleicht dauerhaft verwirrte Eleve so macht.
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Laptop » So 9. Jan 2011, 13:34

Schwer zu sagen, ich denke eine gültige Regel gibt es nicht: „es ist eine Frage von Jahren“, „es ist eine Frage der Geduld“. Wo liegt da der Unterschied?
SI·CICERONEM·ÆMVLARIS·VERE·NON·VIVAS (get a life!) OBITER·DICTVM·BREVITAS·DELECTAT (keep it short and simple = kiss)
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Re: Genitiv im Deutschen

Beitragvon Audax » Do 3. Mär 2011, 12:23

der dativ ist dem genitiv sein tod und so ist's doch jut:D
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