Salvete!
Ganz offensichtlich wird hier nicht so vieles als typisch römisch empfunden!
Auch das "Haus, das Verrückte macht" scheint nicht so typisch römisch; ähnliches hatte ich vor ein paar Wochen auf dem Generalkonsulat eines Levantestaates erlebt und noch früher beim Arbeitsamt!
Vielleicht müßte man fragen:
Was ist typisch deutsch: Pickelhaube, Sauerkraut, Bier, trotz jämmerlicher Leistungen in die EM-Schlußrunde zu kommen?
Was ist typisch englisch: Lauwarme Cerevisia, totgekochtes Gemüse, die Queen?
Was ist typisch italienisch: leckere Nudelgerichte. "latin lovers", wunderbare Städte und Kunstschätze.
Man sieht schon, daß ich für Italien voreingenommen bin, auch wenn ich mit "latin lovers" eigentlich eher nichts am Hut habe. Aber alleine schon die italienischen Küchen (da gibt es nämlich enorme regionale Unterschiede), entschuldigt, liebe Franzosen, sind für mich die besten der Welt.
Und die Römer? Eine fernostasiatisch anmutende Fischsauce (Liquamen auch "Garum" genannt), Nachtigallenzungen ... Die Gladiatoren kriegten nur Bohnen, die Verpflegung der Legionäre ... Schwamm drüber!
Was mich an den Römern, da spielt natürlich meine Ausbildung als Architekt eine große Rolle, sehr fasziniert, ist daß sie als erste die Ingenieurbaukunst systematisch entwickelten. Natürlich gab es schon im alten Mesopotamien hochentwickelte Wasserbauwerke, die Römer aber, man schaue nur mal in Vitruvs Decem libri de architectura, entwickelten dies alles viel weiter. Hier wurde die Ingenieurbaukunst zur lehrbaren Disziplin. Auch die Griechen besaßen Tonnengewölbe, oft liest man etwas anderes, aber das ist falsch, man schaue sich dazu nur die überwölbten Treppenaufgänge der hellenistischen Stadtmauer in Pergamon an, die Römer aber wandten sich der Stereometrie zu, so daß komplizierte Verschneidungen von Tonnengewölben, die in direkter Linie zu unseren mittelalterlichen Gewölben von Domen und Klöstern führen, möglich wurden.
Der Brückenbau wurde, noch ganz ohne Kenntnis der Stützlinientheorie ("gespiegelte Kettenlinie", der aus der Schule bekannte cosinus hyperbolicus) zu einer so großen Vollkommenheit geführt, daß heute noch solche Brücken benutzt werden. In der Türkei kenne ich eine römische Brücke, sie wurde währen der Regierungszeit Trajans errichtet, die täglich vom Schwerlastverkehr befahren wird. Unsere Spannbetonbrücken aus den 1970er Jahren sind schon seit langem "restaurierungsbedürftig".
Man könnte auch den Eindruck gewinnen, die Römer seien kurz vor der Erfindung der Dampfmaschine gestanden.
Und so ließe sich einiges finden, das man als typisch römisch bezeichnen darf.
Allerdings muß ich eingestehen, daß meine geringen Kenntnisse nicht über die Grenzen des ehemaligen Alexanderreiches hinausgehen - echte Borniertheit eben! Und so weiß ich nicht, inwieweit vielleicht die Chinesen ähnliches leisteten, oder die Hochkulturen Mittelamerikas.
Der griechische Tempel ist der nie wieder erreichte Höhepunkt der europäischen Architektur - die Römer aber waren es, die als erste Baukunst zu verwissenschaftlichen begannen, sie wurde, weit über das handwerkliche hinausgehend, zum Lehrfach!