Hallo,
Bornemann-Risch gibt ja ein paar Erklärungen für die Entstehung des Passivs und will damit auch begründen, warum im Griechischen die persönliche Konstrution auch bei intransitiven Verben gebräuchlich ist (Der adverbiale Akkusativ wird bei der Enstehung irgendwie auch herangezogen). Mein Problem: Ich verstehe die entsprechenden Kapitel nicht. Deswegen möchte ich meine Vermutungen äußern und bitte um Verbesserung: Meine Theorie ist, dass die persönliche Konstruktion auch im Passiv durch die Vorstellung des Mediums geprägt ist:
ἐπιτρέπομαι τὴν πόλιν: Mir wird die Stadt überlassen.
Die Konstruktion ist vom Medium geprägt: "Ich lasse in meinem Interesse die Stadt [an mich] überlassen; ich veranlasse, dass die Stadt [an mich] überlassen wird.
- Bedeutet das, die Passivkonstruktion resultiert aus der Vorstellung, dass das affizierte Subjekt zugleich Veranlasser ist (Vermischung aus kausativem und reflexiv-intransitivem/ dativischem/ aktivisch-reflexiv-Medium)
- Andererseits ist diese Vorstellung bei solchen Sätzchen wie διεφθάρησαν τὴν ὄψιν oder bei den passivischen Partizipien von transitiven Verben (BR § 172,2) eher nicht möglich.
Ok, bei bei δεδεμένος τὸ χεῖρε wäre es bspw. möglich:
1. Erklärung: indirekt-reflexives Medium "der sich die Hände fesseln ließ".
Aber meine 2. Erklärung wäre: Parallel zu den Verben, deren Ergänzung ein Genitiv-/ Dativobjekt ist (bspw. ἄρχεσθαι), wird nun bei solchen bspw. der Dativ als das "volle Ziel des Verbalvorgangs" gesehen, während das Akkusativobjekt unangetastet leibt. Der Dativus sympatheticus wird also zum Nominativ/Subjekt .
Vergleichbar ist ja auch, dass das passivische Verbaladjektiv bei unpersönlicher Konstruktion bei einer Ergänzung den Kasus erfordert, als ob das Verb im aktiv Stünde:
ὠφελητέον τὴν πόλιν εστί. -> vgl. ὀφελεῖν τἠν πόλιν
Nebenfrage 1: Letzte Überlegung: Ich habe gerade gelesen, dass die Endungen des Aorist Passiv aktivisch sind, und irgendwie zu ην θην sich entwickelt haben. Kann mir das jemand genauer erklären?
Nebenfrage 2: Kann man sich die Konstruktion von πείθεσθαι (gehorchen) so vorstellen, dass das Dativobjekt ein Dativus auctoris ist (ich werde von dir überrredet/ überzeugt)?
Nebenfrage 3: Mein Dozent meinte, dass kein Perfekt Imperativ Aktiv existiert, weil das Aktiv zu Anfang generell intransitiv-reflexive Bedeutung hatte. Schön, ich habe auch schon einmal gelesen, dass die Perfekta als den Zustand betonende Aspekt"tempora" zu Anfang keine transitiven Akkusativobjekte als Ergänzung haben konnten. Das Problem bei dieser Theorie: Warum existiert dann ein medialer/passivischer Imperativ: M. E. sind diese Formen noch weniger geeignet für ein Passiv.
Danke für Eure Antworten!