Thuk. 5.111.4

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Thuk. 5.111.4

Beitragvon Roxane » Mo 18. Aug 2014, 12:19

[5.111.4] ὃ ὑμεῖς, ἢν εὖ βουλεύησθε, φυλάξεσθε, καὶ οὐκ ἀπρεπὲς νομιεῖτε πόλεώς τε τῆς
μεγίστης ἡσσᾶσθαι μέτρια προκαλουμένης, ξυμμάχους γενέσθαι ἔχοντας τὴν ὑμετέραν αὐτῶν ὑποτελεῖς, καὶ δοθείσης αἱρέσεως πολέμου πέρι καὶ ἀσφαλείας μὴ τὰ χείρω φιλονικῆσαι·

Davor werdet Ihr euch
- wenn ihr euch gut beratet -
hüten und (es) nicht für unrühmlich halten
- wenn die größte Polis (euch) maßvoll auffordert -
Verbündete zu werden
- wobei ihr als deren Tributpflichtige eure (Stadt) haltet -
anstatt (wörtl.: und nicht)
- wenn (euch) die Wahl zwischen Krieg und Sicherheit überlassen ist –
hartnäckig das Schlechtere zu erstreiten:

ὡς οἵτινες τοῖς μὲν ἴσοις μὴ εἴκουσι, τοῖς δὲ κρείσσοσι καλῶς προσφέρονται, πρὸς δὲ τοὺς ἥσσους μέτριοί εἰσι, πλεῖστ' ἂν ὀρθοῖντο.

Da ja (ὡς) solche, die zum einen den Gleichmächtigen (wörtl.: Gleichen) nicht nachgeben, (die) sich zum anderen den Stärkeren in angemessener Weise nähern und sich gegenüber den Schwächeren maßvoll verhalten, am meisten Erfolg haben dürften.
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Re: Thuk. 5.111.4

Beitragvon Prudentius » Do 21. Aug 2014, 09:57

Hallo Roxane,

ich frisiere wie üblich noch etwas herum:


"- wenn ihr euch gut beratet ": wenn ihr einen guten Beschluss fasst.

" nicht für unrühmlich halten": nicht für unangemessen halten.

Futur im Sinne eines verstärkten Imperativs.

"οὐκ ἀπρεπὲς": Stilmittel Litotes, doppelte Verneinung.

"ἡσσᾶσθαι" finde ich nicht bei dir: "sich der größten Stadt zu fügen".

"(euch) maßvoll auffordert": maßvolle Forderungen stellt.

"eure (Stadt) haltet": eure eigene Stadt behaltet, das αὐτῶν gehört zu τὴν ὑμετέραν, bezeichnet das Reflexive: eure eigene.

"deren Tributpflichtige": deren weg, s.o.!

"anstatt (wörtl.: und nicht)": lieber wörtlich!

"die Wahl zwischen Krieg und Sicherheit überlassen ist": wenn ihr die Wahl habt / wenn ihr vor der Wahl steht / wenn euch die Wahl gegeben ist.

"die Wahl zwischen Krieg und Sicherheit": zwischen Krieg und Frieden - würde man normalerweise erwarten :-D .

"hartnäckig das Schlechtere zu erstreiten:": aus falschem Ehrgeiz das Schlechtere zu wählen.

Ich mache dann noch weiter,

lgr. P. :)
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Re: Thuk. 5.111.4

Beitragvon Roxane » Do 21. Aug 2014, 11:47

Wohl jede Frau freut sich über einen guten Friseur, Prudentius!

Zum "Futur im Sinne eines verstärkten Imperativs" finde ich bei Kühner: "... erscheint das Futur im Indikativ zuweilen geradezu als höfliche Form des Befehls statt des Imperativs. Der Redende spricht damit die zuversichtliche Erwartung aus, dass der Angeredete das Verlangte thun wird."
Also warum nicht: "Davor werdet ihr euch hoffentlich hüten ..."

ἀπρεπὲς ist, wie ich sehe, auch bei Pape mit "unangemessen" angegeben, das ἡσσᾶσθαι habe ich in der Tat unterschlagen ("euch er größten Stadt zu fügen, wenn sie euch auffordet,....") Der Rest ist klar.

Danke für deine Dienstleistung!
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Re: Thuk. 5.111.4

Beitragvon Roxane » Fr 22. Aug 2014, 09:53

Irgendwo war mir dieses Futur im Sinne des Imperativs schon mal begegnet. Nun ist es mir wieder eingefallen.

In der Bergpredigt bei οὐ φονεύσεις! Dieses Beispiel steht auch in der Hellasgrammatik (§ 74.3). Etwas anders als bei Kühner heißt es dort, dass der Indikativ Futur nicht nur zum Ausdruck eines "höflich formulierten", sondern auch eines "scharf formulierten Befehls" stehen kann.
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Re: Thuk. 5.111.4

Beitragvon Prudentius » Fr 22. Aug 2014, 19:51

"Da ja (ὡς) solche, die": Denn alle, die..., mach einen Hauptsatz!

"zum einen ... zum anderen": weg damit!

"sich ... in angemessener Weise nähern": sich gut vertragen mit / gut auskommen mit / gute Beziehungen pflegen...

Hier bringen die A. ihre Haltung auf eine Kurzform, es ist eine Grundsatzerklärung ihrer Auffassung von Machtpolitik; es ist bemerkenswert, was nicht genannt wird: Recht und Moral kommen nicht vor, auch die Götter spielen keine Rolle.

Es ist ein Zeugnis der sophistischen Aufklärung, aber auch der tragischen Verblendung der A.: sie stehen vor dem Untergang.

lgr. P.
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Re: Thuk. 5.111.4

Beitragvon Roxane » Sa 23. Aug 2014, 15:44

Danke für diese interessanten Informationen, Prudentius. Ja ich weiß schon , so redet kein Mensch "sich in angemessener Weise nähern", da habe ich mal wieder die erstbeste Bedeutung genommen, die ich finden konnte....
Ich stelle jetzt noch einen kurzen Satz ein.

Gruß
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