Thuk. 5.102

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Thuk. 5.102

Beitragvon Roxane » Di 27. Mai 2014, 11:42

Hallo Prudentius,

nach einer kleinen Lektüre- und Anabasiswiederholungsphase stelle ich nun wieder zwei kleine Sätzchen ein. Natürlich wäre es schön, wenn du einen fachmännischen Blick darauf werfen könntest, hat aber Zeit, besonders bei schönem Fahrradfahrwetter...

[102] {ΜΗΛ.} Ἀλλ' ἐπιστάμεθα τὰ τῶν πολέμων ἔστιν ὅτε κοινοτέρας
τὰς τύχας λαμβάνοντα ἢ κατὰ τὸ διαφέρον ἑκατέρων πλῆθος· καὶ ἡμῖν
τὸ μὲν εἶξαι εὐθὺς ἀνέλπιστον, μετὰ δὲ τοῦ δρωμένου ἔτι καὶ
στῆναι ἐλπὶς ὀρθῶς.

Entwurf:
Aber wir wissen, dass die Kriegsereignisse manchmal gerechtere (Pape, /unparteiischere) Schicksale (/Langenscheidt: Erfolg) antreffen (erreichen/ Pape: bestimmen ?) als nach der Truppenmasse beider, wenn sie einen Unterschied ausmacht.

Gemeint ist wohl, dass es nicht unbedingt die Überlegenen sind, die im Krieg Erfolg haben.

Reinschrift:
(102) Mel.: "Aber wir wissen, dass die Kriegsereignisse manchmal einen gerechteren Erfolg bestimmen als es nach der unterschiedlichen Truppenmasse beider (Parteien zu erwarten wäre).
Für uns aber (bedeutet) das Nachgeben, geradezu hoffnungslos zu sein, mit dem Handeln jedoch (besteht) noch weiterhin Hoffnung, aufrecht zu stehen."
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Re: Thuk. 5.102

Beitragvon Prudentius » Mi 28. Mai 2014, 17:13

Pataphrase: Bekanntlich ist das Zahlenverhältnis der Truppenteile nicht unbedingt ausschlaggebend für den Ausgang des Krieges (d.h. der zahlenmäßig Unterlegene hat trotzdem eine Chance); wir würden diese Chance vertun, wenn wir jetzt, also in dieser Verhandlungsrunde, gleich kapitulieren würden.

κοινοτέρας und διαφέρον musst du als Gegensätze herausstellen, im D. etwas schwierig; sag einfach: "unterschiedlich - weniger unterschiedlich".

"Wir wissen, dass die Kriegsereignisse bisweilen unerwartete Ergebnisse zeitigen" (genial übersetzt :-D ), "die nicht dem Zahlenverhältnis der Truppenstärken entsprechen".
Wörtlicher: "weniger unterschiedliche Verläufe nehmen als nach der unterschiedlichen..."

εὐθὺς korrespondiert mit ἔτι: "sofort zurückweichen", d.h. hier in der Verhandlung kapitulieren; "später noch auf den Beinen bleiben".

Es sind etliche Stilbesonderheiten da, komme später noch darauf,

lgr. P. :)
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Re: Thuk. 5.102

Beitragvon Roxane » Do 29. Mai 2014, 20:04

Selbstverständlich hast du wieder genial übersetzt, Prudentius. Anscheinend freust auch du dich darüber. Herrlich!

Ein kniffliger Satz war das! Unglaublich oft hatte ich die einzelnen Vokabeln nachgeschlagen, ohne zu einem brauchbaren Ergebnis zu gelangen. Vielleicht wäre auch das hier eine Lösung gewesen, deine <Verläufe> passen, wie ich finde, gut, <glücklich> habe ich noch ergänzt:

<..dass die Kriegsereignisse manchmal (auf beiden Seiten) gleichmäßigere glückliche Verläufe nehmen als es der ungleichen Truppenstärke beider entspricht.>

Danke für deine Tipps!
Roxane
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Re: Thuk. 5.102

Beitragvon Prudentius » So 1. Jun 2014, 10:31

τὰ τῶν πολέμων


Das ist eine schöne Ausdrucksmöglichkeit des Gr., es ist eine Lücke zwischen Artikel und Genitiv, da haben wir Spielraum für Phantasie beim Übersetzen, um ein Substantiv einzusetzen.

Th. vernebelt die sinntragenden Antithesen (Imkonzinnität), er fordert also die Aufmerksamkeit des Lesers, und hindert ihn am Einschlafen :-D .

"τὸ μὲν εἶξαι" substantivierter Infinitiv.

"μετὰ δὲ τοῦ δρωμένου": Präpositionalausdruck mit Adj. im Neutrum, beliebt bei Th.

lgr. P. :)
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Re: Thuk. 5.102

Beitragvon Roxane » Mo 2. Jun 2014, 08:41

Ein gewisser Carlo Scardino bestätigt, dass Th. als Einschlaflektüre wenig geeignet ist:

„Sein Stil bezweckt nicht Ergötzung, sondern ist der vom Leser geforderten aktiven geistigen
Mitarbeit förderlich.... ein charakteristisches Merkmal ist, dass er versucht, mit ganz wenigen
Wörtern am meisten Konzepte auszudrücken, viele Bedeutungen in einer zusammenzufassen.“

Bei deiner Examensvobereitung dürften die nebulösen Thukydidestexte keine Langeweile hervorgerufen haben.....
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