Anabasis VI. 3.9

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Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Glis » Do 24. Apr 2014, 23:32

Hallo allerseits,
während ihr euch bereits an der Thukydides-Exegese erfreut, hangele ich mich – keineswegs verzagt - durch die letzten Seiten der "Anabasis"-Textauswahl des Aschendorff-Verlags ...
Eine Übersetzungsfrage:

ἐπεὶ δὲ ἀπορία πολλὴ ἦν, διελέγοντο περὶ σπονδῶν: καὶ τὰ μὲν ἄλλα ὡμολόγητο αὐτοῖς, ὁμήρους δὲ οὐκ ἐδίδοσαν οἱ Θρᾷκες αἰτούντων τῶν Ἑλλήνων, ἀλλ᾽ ἐν τούτῳ ἴσχετο.

Wie kann man das ἀλλ᾽ ἐν τούτῳ ἴσχετο übersetzen? Gemoll gibt für die mediale Form von ἕχω auch die Bedeutung "gehemmt sein" an. Wie wäre es also mit: "... aber darin lag ein Hindernis"?

Also:
Da große Ratlosigkeit herrschte, führten sie Gespräche über einen Waffenstillstand: Die Thraker pflichteten ihnen zwar in allem anderen bei, gaben ihnen aber kein Unterpfand, nachdem die Griechen danach gefragt hatten; aber darin lag ein Hindernis.

Heftigen Dank an alle, die ihren geschulten Blick darauf werfen mögen!
Gl.
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Prudentius » Fr 25. Apr 2014, 10:25

kein Unterpfand


keine Geiseln

danach gefragt hatten;


verlangt hatten.

etwas freier: "wie die Gr. es gefordert hatten".

"Daran scheiterten die Verhandlungen" oder "drohten zu scheitern" oder "gerieten ins Stocken" oder "in die Sackgasse" oder "an den toten Punkt".

während ihr euch bereits an der Thukydides-Exegese erfreut,


Wir können einfach nicht anders :-D

lgr. P. :)
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Roxane » Fr 25. Apr 2014, 18:20

Hallo Glis,

an der Thukydides-Exegese bin ich gar nicht beteiligt. Vielmehr ist es so, dass ich mir das, worüber Prudentius doziert, mit Freuden zu Gemüte ziehe. Keine gleichen Verhältnisse also, noch viel weniger als bei Thuk. in 5.89.
Es kommt übrigens auch bei Thukydides vor, dass ich auf Wörter treffe (καὶ zum Beispiel), bei denen ich mich partout nicht entscheiden kann, welche Bedeutung im Deutschen sinnvoll ist. Manchmal habe ich den Eindruck, Thukydides will mich nur ärgern.

Schönes WE
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Glis » Fr 25. Apr 2014, 22:53

@Prudentius:
Vielen Dank für deine Übersetzungshilfe und die Präzisierungen!
Sag mal, Prudentius - bestimmt hast du doch die "Anabasis" auch im Unterricht mit deinen Schülern behandelt. Habt ihr denn da das gesamte Werk übersetzt oder auch nur Auszüge? (Es ist ja doch ziemlich umfangreich.)

@Roxane:
Mir scheint, allein durch die Übersetzung dieses gewiss nicht einfachen Textes betreibst du Exegese genug. Ohne deinen thukydideischen Fortschritten im Einzelnen nachfolgen zu können, bin ich der Ansicht, dass du dir schon sehr gute Griechischkenntnisse angeeignet hast. Ich hoffe, du hast noch ausnehmend Spaß bei der Sache.

Freitägliche Grüße an euch alle - ich freue mich schon auf die nächste Woche, in der für mich die Zahl der Arbeitstage gegenüber den Ausspanntagen in der Minderzahl sein wird.
Gl.
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Prudentius » Sa 26. Apr 2014, 16:31

Hallo,

Habt ihr denn da das gesamte Werk übersetzt oder auch nur Auszüge?


Bin selber wenig dazugekommen, aber ich kann sagen, man liest Xenophon nur als Einstieg, als Anfangslektüre, das Gegenstück zum Cäsar, nicht so berühmt wie dieser, aber dafür manchmal abenteuerlicher. Ein Abschnitt in der Schulauswahl hieß ja, nach Karl May, "Durchs wilde Kurdistan".

X. ist auch noch wichtig wegen seiner Zugehörigkeit zum Sokrates-Kreis, er schrieb ja auch ein Buch "Erinnerungen an S.", Apomnemoneumata, Memorabilien; es gehört zu den wenigen erhaltenen Zeugnissen über S., aber dem X. fehlte der philos. Tiefgang.

Dann ist X. auch noch erwähnenswert als "Thukydides-Fortsetzer", denn Th. starb eines gewaltsamen Todes, bevor er sein Werk abgeschlossen hatte, X. schrieb die "Hellenika", darin finden sich Zeugnisse über Sokrates, wie er sich verhielt in der Zeit der "30 Tyrannen".

Wenn man den X. weggelegt hat, kann man Herodot lesen, oder Dichtung, die Tragödie "Antigone" von Sophokles, Epigramme oder Vorsokratiker-Fragmente, es gibt ja leicht zugängliche von diesen, wie "panta rhei" oder "hen to pan".

lgr. P. :)
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Roxane » Sa 26. Apr 2014, 18:41

Den Xenopon habe ich noch keineswegs ad acta gelegt, Glis. Sieh mal, was ich noch gefunden habe:

http://gfa.gbv.de/dr,gfa,005,2002,a,08.pdf

Oliver Stoll ist Professor für Alte Geschichte in Passau.

Gruß
Roxane
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Glis » So 27. Apr 2014, 10:33

@Prudentius:
Ich habe nur noch 3 Seiten "Anabasis" vor mir, im Anschluss ein wenig Vorsokratisches scheint mir fürs Erste genau das Richtige. Ich stöbere gerade nach einer passenden Textausgabe. Reclam hat ja diese Anthologie mit zweisprachigem Text. Die scheint recht umfangreich zu sein. Heraklits überlieferte Fragmente würden mich besonders interessieren, ebenso Demokrit. Welchen Vorsokratiker würdest du außerdem empfehlen?

@Roxane:
Da hast du ja einen hochinteressanten Text aufgestöbert. Nicht der Kürzeste, dennoch ganz oben auf meiner Leseliste. Willst du dich demnächst wieder einmal der "Anabasis" annehmen? Im Rückblick bin ich ganz erstaunt, dass es mir gelungen ist, gut 80 Seiten davon zu übersetzen. Am Schluss ging es immer besser.
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Roxane » Di 29. Apr 2014, 10:08

Inzwischen bist du bestimmt schon fertig mit der Anabasis, Glis. Eine imposante Leistung! Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ganzen 80 Seiten dieses Lehrbuchs der Kriegsführung in der Schule durcharbeitet werden können (auch Cäsar wird ja nicht von vorne bis hinten gelesen). Aber selbst, wenn man exemplarisch ein Kapitel über die ein oder andere Fluss- oder Passüberquerung liest oder dasjenige über die Strapazen im Winter oder darüber, wie die Truppen am geschicktesten aufgestellt werden, gewinnt man schon einen ganz guten Eindruck. Hast du schon mal einen Blick in den Lehrplan geworfen?

http://www.isb-gym8-lehrplan.de/content ... be5cff0ccb

Dann dies noch. Du findest hier auch Herodot, den Prudentius vorgeschlagen hat.

http://www.eumaios.ch/chremata/text/griech.html

Schöne Grüße
Roxane
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Glis » Di 29. Apr 2014, 23:28

Danke, Roxane, für den Lehrplanlink. Hatte ich mir auch schon angesehen.
Jetzt fehlen mir noch 2 Seiten bis zum Ende der "Anabasis"-Auswahl. Mehr als 1 Seite schaffe ich pro Abend nicht, und jeden Tag mag ich mich auch nicht daransetzen. Es müssen ja immer auch die Vokabeln halbwegs verinnerlicht werden.
Spaßeshalber habe ich gestern ein paar Passagen aus dem Johannes-Evangelium übersetzt. Grammatisch tatsächlich so unterkomplex, wie alle sagen. Aber zum Vokabeln(kennen)lernen und Verbformenrekapitulieren gut. Werde demnächst mit ein paar Fäbelchen von Äsop und den erwähnten Vorsokratikern weitermachen. Herodot vielleicht später. Auch die von Medicus einst empfohlene Anthologia Graeca lockt nicht wenig.
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Prudentius » Do 1. Mai 2014, 10:00

Hallo liebe Freunde,

nach dem X. als Aperitif habt ihr jetzt das Menü zur Auswahl vor euch; es kommt dabei darauf an, in welche Richtung euch euer Interesse zieht: Phil., Literatur, Geschichte, Wissenschaft... Ich habe vergessen, bei den Vorschlägen noch Platons "Verteidigungsrede des Sokrates", Apologie, zu erwähnen, sie steht verdient ganz oben im klassischen Lesekanon, eine ziemliche Herausforderung, inhaltlich und sprachlich.
Wie ihr euch die einzelnen Autoren erschließt, müsst ihr wohl am besten selber herausfinden, es ist bei jedem durch den individuellen Lebensgang geprägt, da kann ich euch nicht viel raten.

Bei den Vorsokratikern würde ich noch nennen: Empedokles, Pythagoras (es ist aber nur wenig überliefert), und von dem frühen Anaximander ist wohl nur 1 Satz überliefert, aber der hat es in sich, darin kommt das "apeiron" vor, das Unbegrenzte oder Unendliche.

Johannes lese ich zufälligerweise auch gerade, ich übe mich an einer ru. Bibel parallel mit dem Original. Johannes ist in jeder Hinsicht einzigartig in der Bibel. Der heutige Wissensstand ist mE. bei Gerd Theißen gut zu finden, es gibt ein TB über das NT; auch Google Books bietet etwas. Er ist allerdings ein soziologischer Theologe. Damit fehlt dann bei ihm eine ganze Dimension, das eigentlich Religiöse/Spirituelle; dazu findet man unter dem Thema "Gnosis" einen Einstieg.

lgr. P. :)
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Re: Anabasis VI. 3.9

Beitragvon Glis » Sa 3. Mai 2014, 01:28

Der Platon-Hinweis ist nützlich, Prudentius. Kommt in meine Leseliste.

Du übst dich also gerade im Russischen, interessant (das folgere ich jedenfalls aus deinem "ru."). Auch eine Sprache mit aspekthaltigem Verbalsystem, wenn mich meine Erinnerung nicht im Stich lässt.

Viele Grüße!
Gl.
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